Flüchtlinge Wie das Chaos bewältigt werden soll

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Orban will Mazedonien als Bollwerk gegen Flüchtlinge

Janning sieht daher keine Alternative zu Hotspots in Griechenland und Italien sowie zu einer europaweiten Verteilung von Flüchtlingen, die an den EU-Außengrenzen ankommen. Genau die funktioniert aber nicht. Im September hatte sich die EU darauf verständigt, 160.000 Flüchtlinge europaweit zu verteilen. Weniger als 500 haben mittlerweile eine neue Heimat. Von den fünf Hotspots in Griechenland funktioniert zudem erst einer.

Mazedonien, das weder EU-Mitglied ist noch zum Schengen-Raum gehört, zieht nun eigenmächtig Konsequenzen und will Flüchtlinge per Zaun fernhalten. Das Militär des Landes errichtet an der Grenze zu Griechenland immer mehr Stacheldraht. Damit kommt die mazedonische Regierung Forderungen aus Ungarn und Slowenien nach, wonach das Land zur neuen europäischen Außengrenze aufgebaut werden soll.

Gerald Knaus kann dem Szenario nichts abgewinnen. „Die Vorstellung, dass schwache Staaten wie Mazedonien oder Albanien ihre Grenzen so sichern können, dass keine Flüchtlinge mehr durchkommen, ist absurd.“ Daran glaube nicht mal der ungarische Premier Viktor Orban.

Doch auch die EU-Kommission treibt den Mazedonien-Plan voran – vor allem um Griechenland zu drohen. Wenn Athen in Sachen Grenzsicherung nicht effektiver wird, fliegt das Land aus dem Schengen-Raum, so das Kalkül. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission vermeldet, dass im Januar pro Tag weiterhin knapp 2.200 Flüchtlinge aus der Türkei nach Griechenland gekommen sind, für den Winter sei das ein hoher Wert. Immerhin liege die Quote der Erstregistrierung samt Fingerabdruck mittlerweile bei knapp 80 Prozent. Im September vergangenen Jahres seien gerade Mal acht Prozent erfasst worden.

In einer Woche kommen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel zu einem Krisengipfel zusammen. Beide Pläne – Kontingente aus der Türkei und eine Abschottung des West-Balkans – werden dann wohl diskutiert werden. Gut möglich, dass letztlich beide umgesetzt werden. Deutschland und eine Koalition der Willigen könnte die Kooperation mit der Türkei vorantreiben, die Ost- und Südeuropäer (mit Ausnahme Griechenlands) wiederum den Mazedonien-Plan. An einer gemeinsamen Flüchtlingspolitik wäre Europa dann gescheitert.

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