Aufgeregt steht eine Gruppe von Touristen vor ihrem Hotel in Istanbul. Die Stimmen gehen durcheinander. "Fliegen wir?", "Geht unser Flugzeug?", "Ist das sicher?". "Ja, keine Sorge, wir fliegen", beruhigt der Reiseleiter. Komplett leer sind die weißgedeckten Tische der Restaurants auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Der Atatürk Flughafen in Istanbul, kurz IST, ist einer der größten der Welt. Über 60 Millionen Passagiere fertigte er im vergangenen Jahr ab - in etwa so viele wie der Frankfurter Flughafen. Er gilt als Drehscheibe zwischen Europa und dem Nahen Osten. Von hier aus fliegt Turkish Airlines fast jedes Ziel in Europa, im Nahen Osten, Afrika und Zentralasien an. Man kann sagen: Der Flughafen von Istanbul ist einer der wichtigsten der Welt. Bislang glaubte man auch, er sei einer der sichersten.
Die Attentäter kamen mit einem Taxi und zündeten drei Bomben. Einer feuerte vorher mit einer Kalaschnikow auf Passagiere. Eine Bombe explodierte im Eingangsbereich der Abflughalle.
So schützen sich große Flughäfen vor Terror
Die beiden Passagier-Terminals des größten deutschen Flughafens sind über etliche Eingänge frei zugänglich. Außerdem sind zwei Bahnhöfe sowie Hotel- und Kongresszentren mit den Gebäuden verbunden. Der Sicherheitsbereich beginnt erst innerhalb der Terminals hinter den Personenkontrollstellen für den Flugbetrieb.
Davor liegen große Hallen mit Geschäften, Schaltern und Lokalen. Die Polizei überwacht diesen Bereich mit Streifen und Video-Kameras. Wer im Sicherheitsbereich arbeitet, braucht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, ausgestellt vom Land Hessen.
Quelle: dpa
Nach den Bombenanschlägen in einer Halle des Brüsseler Flughafens Zaventem im vergangenen März wurden dort die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. So wurden zunächst Passagiere und ihr Gepäck bereits am Eingang zu den Terminals erstmals kontrolliert. Wer die Halle betreten wollte, musste seinen Ausweis und ein Flugticket vorzeigen. Nach Protesten von Reisenden in langen Warteschlangen wurden die Maßnahmen nach wenigen Wochen wieder gelockert.
Einlasskontrollen sind an jedem türkischen Flughafen Standard. Schon beim Eintritt ins Gebäude wird das Gepäck geröntgt, also Handgepäck und aufzugebende Koffer. Jeder, der in den Flughafen will, muss durch einen Metallscanner. Nach dem Check-In folgt die zweite Sicherheitskontrolle, die der in Deutschland entspricht und die nur noch Fluggäste passieren dürfen. Beim Check-In muss ein Ausweis vorgelegt werden. Beim Einstieg ins Flugzeug wird der Name auf dem Ausweis dann mit dem auf dem Boarding-Pass abgeglichen.
Wer einen der drei Moskauer Flughäfen betritt, wird schon am Gebäudeeingang kontrolliert: Reisende wie Besucher müssen Handtaschen öffnen, Hosen- und Jackentaschen leeren und durch einen Metalldetektor laufen. Das Hauptgepäck wird von einem Röntgengerät durchleuchtet. In der Wartehalle und vor den Schaltern patrouillieren Wachleute. Nach dem Check-In folgt die eigentliche Flugsicherheitskontrolle.
Am größten Flughafen des Landes in der Hauptstadt Kabul müssen Reisende vor der Ankunft im Terminal durch zwei Autokontrollen samt Sprengstoffspürhunden, drei Ticketkontrollen und fünf Körperkontrollen. Drei oder vier Mal - je nachdem, ob die Geräte gerade funktionieren - muss das Gepäck zum Durchleuchten auf Bänder gewuchtet werden.
Kontrollen beginnen schon bei der Einfahrt auf das Flughafengelände, etwa einen Kilometer vor dem Terminal. Das Personal, das Menschen auf Sprengstoffwesten oder Waffen abtastet, ist aber oft lustlos oder lässt dies ganz sein. Ausländer werden nach Trinkgeld gefragt.
Israels internationaler Flughafen Ben Gurion wird besonders streng geschützt, da das Land seit Jahrzehnten mit einer Terrorbedrohung lebt. Dabei wird ein Ring von Kontrollen eingesetzt, der einer Zwiebel gleicht. Passagiere werden bei der Ankunft im Auto schon Kilometer vor dem Terminal von bewaffneten Sicherheitskräften überprüft. Nach Passieren eines weiteren Wächters am Eingang folgen im kameraüberwachten Terminal selbst eine persönliche Befragung und eine gründliche Untersuchung des Gepäcks mit Durchleuchtungssystemen. Dabei werden Reisende in verschiedene Risikogruppen eingestuft. Bei den Kontrollen geht Sicherheit eindeutig vor Persönlichkeitsrechten - was immer wieder zu Beschwerden vor allem arabischer Reisender führt.
Zu wenig Sicherheitskontrollen waren nicht das Problem: Denn an türkischen Flughäfen gibt es einen Sicherheitscheck schon vor dem Eingangsbereich, durch den auch Besucher müssen. Der wurde eingeführt, um Terroristen frühzeitig zu erkennen. Tatsächlich aber führt er zu Warteschlangen – wiederum ein leichtes Ziel für Terroristen. Genau das geschah am Dienstagabend: mindestens 41 Menschen starben, 239 wurden verletzt.
Istanbul hat sich an den Terror gewöhnt
In der Stadt selbst ist am Mittwoch wenig vom Schrecken zu spüren. Istanbul musste sich in den letzten Monaten an den Terror gewöhnen: Anfang Januar explodiert eine Bombe an der berühmten Sultan-Ahmed-Moschee und tötete eine Gruppe deutscher Touristen. Im März dann ein Anschlag auf der belebten Einkaufsstraße Istiklal, vor drei Wochen auf einen Polizei-Bus und nun das Attentat am Flughafen, dem Tor zur Türkei. Hinzu kommen die Anschläge von Ankara und im Süden der Türkei.
Istanbul übt sich darin, in Rekordzeit zur Normalität zurückzukehren. Da die Explosionen vor dem Terminal stattfanden, wurden kaum Gebäudeteile zerstört. Nur fünf Stunden blieb der Flughafen geschlossen. Der Flughafen in Brüssel fiel nach den Anschlägen vom 22. März über zehn Tage lang aus. Schon heute fliegen die meisten Maschinen wieder - wenn auch mit Verspätungen. Um 9 Uhr hob eine Maschine vom Flughafen Berlin-Tegel Richtung Istanbul ab.