Folgen der Ukraine-Krise Mit Russlands Wirtschaft geht es bergab

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Droht ein Nullwachstum?

Damit sind auch Russlands Exporte sehr einseitig strukturiert: Etwa 70 Prozent entfallen allein auf Öl, Gas und andere Rohstoffe. Eine Diversifizierung tut dringend Not. Außer den genannten Primärgütern gibt es kaum russische Produkte, die am Weltmarkt nachhaltigen Erfolg hätten.

Dabei werden Sektoren wie etwa der Fahrzeugbau nun wohl stärker den Entzug westlichen Kapitals spüren. Damit kann Russland seine starke Position im Energiesektor eigentlich kaum ausspielen. Ein abgesperrter Gashahn wird für Deutschland und Europa zwar Versorgungsengpässe und Konjunkturbelastungen verursachen. Hauptleidtragender wäre aber die russische Wirtschaft selbst: Das Loch aus fehlenden Exporterlösen wäre kurzfristig kaum zu stopfen, auch nicht durch Gasgeschäfte mit China.

Russland - und die Ängste seiner Nachbarn

Der jüngste Deal mit Peking, der hier so viele Schlagzeilen gemacht hat, kommt überhaupt erst frühestens in vier Jahren ökonomisch zum Tragen. Zuvor sind viele Investitionen vorzufinanzieren. Ein Verzicht auf Erdgaserlöse aus dem Westen wäre auch deshalb schmerzlich, weil dadurch die Finanzierung des russischen Staatsbudgets gerade zu einem Zeitpunkt gefährdet wird, an dem sich hohe Kosten aus der Integration der Krim abzeichnen. Ein „Anschluss“ der Ostukraine würde diese Kosten noch potenzieren. Zudem liefe Russland bei weiteren Konfrontationen Gefahr, sich international noch mehr zu isolieren.

Das Land müsste dann auf viele Vorteile verzichten, die es seit den Neunzigerjahren durch die Einbindung in die Globalisierung nutzen kann – einschließlich der Teilnahme an den internationalen Finanzmärkten und der Freizügigkeit im Reiseverkehr.

Weiter schwach

Eine ernste Eskalation der Krise ist weiterhin nicht das Hauptszenario. Aber falls sich die Lage in der Ukraine zwar langsam, aber am Ende doch entschärft, bliebe die russische Wirtschaft in diesem Jahr und wohl auch danach hohen Belastungen ausgesetzt. Es ist absehbar, dass sie nicht nur im ersten Quartal zurück geworfen wurde, sondern auch im zweiten Quartal sehr schwach abgeschnitten hat.

Der Mix aus hohen Zinsen, Wechselkurseinbußen, teuren Importen und Kapitalabflüssen dürfte für Russland vorerst bestehen bleiben. Gleichzeitig wird sich die Binnenkonjunktur weiter schwer tun mit einer Erholung. Ein Wachstum von knapp ein Prozent erscheint für dieses Jahr nicht mehr realistisch, ein Nullwachstum sollte nicht überraschen.

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