Folgen der Ukraine-Krise Mit Russlands Wirtschaft geht es bergab

Mit dem Beginn der Ukraine-Auseinandersetzungen kam es an der Moskauer Börse zu dramatischen Kursstürzen. Seitdem haben sich die Kurse zwar wieder erholt. Doch die Ruhe wird nicht lange anhalten. Schon jetzt ist klar: Russlands Wirtschaft ist der große Verlierer der Ukraine-Krise.

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Angst in Osteuropa
Estland25 Prozent der Bevölkerung sind ethnische Russen. 2007 erlebte das High-Tech-Land einen schlimmen Hackerangriff wohl aus Russland – da wird die Krim-Krise zum Albtraum. Quelle: dpa Picture-Alliance
LettlandOhne russisches Gas gehen rund um Riga die Lichter aus. Das wissen die zwei Millionen Letten, von denen mehr als ein Drittel Russisch als Muttersprache angibt. Quelle: REUTERS
LitauenHier begann vor 25 Jahren der Zerfall der Sowjetunion, hier verschifft Russland heute viel Erdöl. Zum russischen Erdgas gibt es auch in Litauen bislang keine Alternative. Quelle: REUTERS
WeißrusslandDas unterentwickelte Land hat seine Pipelines an Russland verkauft und Raffinerien an Moskauer Banken verpfändet. Minsk ist abhängig von Moskau wie keine andere Regierung. Quelle: dpa
UkraineDie neue Regierung drängt in Richtung EU, der Osten des Landes ist mit Russland verbandelt. Aber der Handel mit Russland nimmt ab, die Oligarchen sind auf West-Kurs. Quelle: dpa
KasachstanIm Norden des Landes gibt es viele Städte, in denen Russen die Mehrheit stellen. Kasachstan ist mit seinen Rohstoffen außerdem für Russland wirtschaftlich sehr attraktiv. Quelle: dpa
AserbaidschanDie ölreiche Staat drängt sich den Europäern als alternativer Lieferant auf, der Europa bei der Diversifizierung der Energieversorgung helfen kann.Das passt den Russen gar nicht. Quelle: dpa

Die ökonomischen Kosten der Ukraine-Krise steigen für alle Beteiligten. Putin kann eigentlich kein Interesse an einer Strategie der erneuten Konfliktverschärfung und möglichen Abspaltung der Ostukraine haben. Denn es entstünden daraus erhebliche Transferlasten, die sich Moskau kaum leisten kann. Zudem würden dann neue Sanktionen des Westens wirksam, die ihrerseits der russischen Wirtschaft enorm schaden würden.

Insgesamt sind die Folgekosten für Russland sehr hoch. Dass Wladimir Putin die Krise dennoch weiter schürt zeigt, dass wirtschaftliche Überlegungen für ihn nicht immer oberste Priorität haben.

Verlierer steht fest

Zwar besteht für die Ukraine immer noch die Chance auf eine Entspannung, die eine Sanktionsspirale mit Folgeschäden auch für die westlichen Volkswirtschaften verhindern kann. Aber selbst dann dürfte die russische Wirtschaft bereits als Verlierer feststehen. Sie wurde von dem Konflikt in einer Phase getroffen, in der sie ohnehin konjunkturell zu schwächeln begonnen hatte: Die Investitionstätigkeit war schon letztes Jahr rückläufig.

Die Investitionsunlust der Unternehmen ist erklärbar, wenn man den schlechten Zustand etwa der Verkehrsinfrastruktur im Lande und die Engpässe daraus betrachtet. Ein zuweilen unkalkulierbarer Rechtsrahmen und Eingriffe des Staates in die Preisbildung machen ihnen dort zusätzlich das Leben schwer.

Konsum auf Pump

Der Konsum hat zwar bis Ende letzten Jahres floriert. Ein großer Teil davon war aber kreditfinanziert, was die Notenbank schon früh im letzten Jahr moniert hat. Zins- und Tilgungsleistungen stellen immer mehr Privathaushalte vor Probleme. Als Anteil an den verfügbaren Einkommen haben diese Belastungen bereits eine Höhe von 20 Prozent erreicht. Zudem häufen sich jetzt Kreditausfälle. Eine Verlangsamung der Aktivitäten im Einzelhandel ist damit bereits seit letztem Jahr angelegt.

2013 erzielte Russland nur ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent; es war der schwächste Zuwachs seit der Krise von 2009, und er lag noch deutlich unter den ebenfalls enttäuschenden Raten anderer Schwellenländer. Auf diese Schwäche setzen nun die Belastungen aus dem Konflikt in der Ukraine auf.

Kursstürze an der Moskauer Aktienbörse und hohe Kapitalabflüsse ins Ausland belegen den Ernst der Lage und verursachen ihrerseits Folgewirkungen: Auf die Rubelschwäche nach den Ereignissen auf der Krim und den wechselkursbedingten Preissteigerungen im März und April musste die Notenbank bereits mehrfach die Leitzinsen anheben. Höhere Investitionen als Ausgleich sind kurzfristig nicht zu erwarten.

Teurer Import

Dabei ist der Investitionsbedarf immens, da der Kapitalstock vielerorts noch aus der Sowjetzeit stammt und langsam aber stetig erodiert. Zu viele Konsumgüter und mehr als die Hälfte der Lebensmittel muss Russland teuer importieren.

Dies ist nicht zuletzt eine Folge der Wirtschaftspolitik Putins. Er ist nach wie vor auf den Ressourcensektor fixiert, weil der „sichere“ Dividenden für den Staat liefert und sich auch als politisches Druckmittel eignet.

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