Frankreich Unternehmer fürchten Sieg der Rechtsnationalen

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Ideen für die, die sich als Verlierer der Globalisierung betrachten

Die Einführung von Importzöllen soll die Erhöhung der Löhne finanzieren, für die Rückkehr zur Rente mit 60 die Notenpresse angeworfen werden… "Das ist das Gegenteil dessen, was nötig ist, um das Wachstum des Landes anzukurbeln," warnt Pierre Gattaz, Chef des französischen Unternehmerverbandes Medef. Es würde in letzter Konsequenz Frankreich sogar an den Abgrund führen, weil der Rest der Welt aus Rücksicht auf Frankreich nicht die Globalisierung aufgeben würde.

Und doch verfangen solche Ideen bei jenen, die sich als die großen Verlierer eben jener Globalisierung betrachten. "Es handelt sich tatsächlich um eine Wahl der Nostalgie," sagte Jean-Yves Camus, Politologe am Institut für internationale und strategische Beziehungen (Iris) und Autor zahlreicher Bücher über rechtsextreme Parteien in Europa. "Der FN erzählt uns, dass man viele Dinge nur rückgängig zu machen brauche, und dann wird alles gut."

Im Werk des französischen Autoherstellers PSA Peugeot Citroën in Sochaux nahe der Schweizer Grenze haben sich nach Schätzung des Gewerkschaftsvertreters Pascal Pavillard mindestens die Hälfte der Mitarbeiter der Wahl enthalten. Viele andere haben FN gewählt. In den 70er Jahren hätten in dem Werk 40.000 Menschen gearbeitet. Heute fänden hier nur noch 10.000 ihr Auskommen. "Wir sind sauer, sagt ein Bandarbeiter nach Schichtende. "Die Löhne sind seit drei Jahren eingefroren. Der Staat ist bei PSA eingestiegen, aber er tut nichts."

Aber auch zahlreiche Kleinunternehmer und Mittelständler zieht es zum FN. Die einen klagen über Kreditklemmen, andere über ausländische Handwerker, die zu Dumpinglöhnen in Frankreich arbeiten dürften, wieder andere über die teure Krankenversicherung für Selbstständige. "Seit 40 Jahren haben die Linken und die Konservativen nicht verändert," ereifert sich ein Restaurateur aus Doubs, ebenfalls an der Schweizer Grenze. "Der FN ist der einzige, der uns etwas Neues bietet." 15 Prozent der aktiven FN-Mitglieder führen nach Angaben der Partei ein Unternehmen. Bei anderen politischen Parteien sind es nur drei bis fünf Prozent.

Der Rückzug der Sozialisten aus der zweiten Wahlrunde in Nord-Pas de Calais - Picardie und im Süden an der Côte d'Azur könnte letztendlich doch dazu führen, dass der FN dort das Nachsehen hat. In der ersten Runde konnten Marine le Pen und ihre Nichte Marion Maréchal-le Pen jeweils 41 Prozent der Stimmen einsammeln und die zweitplatzierten Kandidaten der bürgerlichen Republikaner von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy auf Abstand halten. In der Stichwahl könnten die Republikaner letzten Umfragen zu Folge nun mehr als 50 Prozent erreichen.

In Elsass-Lothringen-Champagne-Ardenne wird es knapp. Der französische Komiker Nicolas Canteloup hat dafür eine Lösung gefunden: Am Mittwoch imitierte er in seiner Radiosendung auf "Europe 1" Staatschef François Hollande und kündigte an, dass er die Region Bundeskanzlerin Angela Merkel angeboten habe. Nur so könne er verhindern, dass sie in die Hände des FN falle.

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