Frankreich Macron wagt sich an Lockerung des Arbeitsrechts

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Quelle: REUTERS

Der französische Präsident Emmanuel Macron stellt seine Pläne für eine Reform des Arbeitsmarkts vor. Es ist die größte Herausforderungen seiner noch jungen Amtszeit. Widerstand kündigt sich bereits an.

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Nach monatelangen Beratungen mit den Gewerkschaften hat die französische Regierung am Donnerstag ihre Pläne für ein flexibleres Arbeitsrecht vorgestellt. Die Reform sieht unter anderem vor, dass sich die Unternehmen und ihre Belegschaften leichter auf Arbeitszeiten und die Bezahlung je nach Auftragslage einigen können. Präsident Emmanuel Macron will damit der anhaltend hohen Erwerbslosigkeit beikommen. Mit der gemäßigten CFDT zeigte sich die größte Gewerkschaft zwar enttäuscht von den Vorschlägen, sie verzichtete jedoch auf Demonstrationen. Macrons Vorgänger haben sich seit Jahrzehnten um eine Arbeitsmarktreform bemüht, rückten aber nach Massenprotesten immer stark von ihren jeweiligen Vorhaben ab.

Die Veränderung des strengen und von den Gewerkschaften hoch geschätzten Arbeitsrechts ist ein erster Test dafür, ob Macron seine umfassenderen Wirtschaftsreformen umsetzen kann. Den Gewerkschaften zufolge will er in dem ersten Schritt unter anderem die Höhe von Abfindungen begrenzen, die Arbeitgeber zahlen müssen, wenn sie im Streit über Entlassungen vor Gericht Ex-Mitarbeitern unterliegen. Die Zahlung sollen bei drei Monatsgehältern für je zwei Jahre Betriebszugehörigkeit gedeckelt werden.

Macron wagt sich mit seinem ersten wichtigen innenpolitischen Vorhaben gleich nach Ende der französischen Sommerpause aus der Deckung. In der Vergangenheit machten die Gewerkschaften bei ähnlichen Vorhaben oft spätestens im Herbst mit Massenprotesten und Streiks ihrem Ärger Luft.

Kundgebungen gegen Macrons Reformen geplant

Die zweitgrößte Arbeitnehmervertretung, die radikale CGT, plant für den 12. September Demonstrationen gegen Macrons Pläne. Sie hatte von Anfang an Proteste angekündigt und war auch während der Verhandlungen mit der Regierung nicht von dieser Haltung abgerückt. "Alle unsere Befürchtungen haben sich bewahrheitet", erklärte die CGT. Die gemäßigte CFDT erklärte trotz ihres Verzichts auf Demonstrationen, bei der Reform sei die Chance auf eine verbesserte Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vertan worden.

Ministerpräsident Edouard Philippe räumte ein, dass es noch Differenzen mit den Gewerkschaften gebe. Er warb eindringlich für die geplanten Veränderungen: Die Pläne seien ehrgeizig, aber ausgewogen und angesichts anhaltend hoher Arbeitslosigkeit dringend nötig. Niemand könne behaupten, dass das gegenwärtige Arbeitsrecht helfe, neue Stellen zu schaffen. "Die Wahrheit ist, dass Chefs gerade kleiner Unternehmen sowie ausländische Investoren das geltende Recht als Hemmnis für Einstellungen und Investitionen sehen." Er betonte, Macron habe mit seiner Wahl den Auftrag zum Wandel bekommen.

Der im Mai mit großer Mehrheit zum Staatspräsidenten gekürte frühere Wirtschaftsminister und Ex-Investmentbanker hat Umfragen zufolge allerdings deutlich an Zustimmung in der Bevölkerung eingebüßt. Er hat sich vor allem auf die Fahnen geschrieben, die Wirtschaft in Frankreich wettbewerbsfähiger zu machen. Auch die Bundesregierung dringt auf eine Modernisierung der nach Deutschland zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone.

Im Juli lag in Frankreich die Arbeitslosenrate laut der EU-Statistikbehörde Eurostat bei 9,8 Prozent. Sie verringerte sich damit im Vergleich zum Juli 2016 nur um 0,1 Prozentpunkte und stieg zum Juni 2017 sogar um 0,2 Prozentpunkte wieder an. Frankreich liegt mit dem Wert aus dem vergangenen Monat etwas über dem Durchschnitt der Euro-Länder (9,1 Prozent). Deutschland wies nach einheitlicher europäischer Rechnung mit 3,7 Prozent den niedrigsten Wert auf.

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