Frankreichs Ministerin Loiseau "Niemand verlangt von den Deutschen, Überzeugungen zu verraten"

Nathalie Loiseau Quelle: imago images

Frankreichs Europa-Ministerin Nathalie Loiseau tritt Befürchtungen entgegen, Deutschland werde als Zahlmeister für teure Reform-Ideen von Emmanuel Macron herhalten.

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In der Auseinandersetzung über das Europa-Kapitel im Koalitionsvertrag tritt Frankreich Befürchtungen entgegen, Deutschland werde als Zahlmeister für teure Reform-Ideen des französischen Staatschef Emmanuel Macron herhalten. „ Wir müssen aufhören, in überkommenen Stereotypen zu denken“, forderte Europa-Ministerin Nathalie Loiseau im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Niemand verlangt von den Deutschen, nationale Interessen zu opfern oder Überzeugungen zu verraten.“

Frankreich sehe Europas Interesse darin, sich zu einer Wirtschaftsmacht vom Range Chinas oder der USA zu entwickeln. Angesichts der guten Konjunkturlage sei jetzt der Zeitpunkt, diese Zukunft vorzubereiten und Reformen anzugehen. Die Währungsunion müsse dazu zu einer echten Wirtschaftsunion werden, um das Wachstum zu fördern, betonte die Ministerin „Dazu müssen wir rasche Fortschritte bei der Finanzintegration erzielen - also etwa die Bankenunion vollenden und für eine Konvergenz der Steuersysteme sorgen. Wir müssen der Eurozone auch die Fähigkeit zu Investitionen geben und uns besser gegen künftige Krisen absichern.“

Ein Budget der Eurozone, wie es Frankreichs fordert, solle  in keinem Fall dazu dienen, die Schulden der Vergangenheit zu vergemeinschaften. „Wir müssen Bedingungen schaffen, zu denen Mittel aus diesem Topf bezogen werden können, also Regeln, die respektiert werden müssen. Ein solches Budget kann es nur geben, wenn es gleichzeitig mehr Verantwortungsbewusstsein der einzelnen Länder gibt.“

Die öffentlichen Ausgaben in Europa müssten auch nicht insgesamt steigen, wenn sie auf lokaler, nationaler und auch europäischer Ebene besser verteilt würden, sagte Loiseau. Allerdings müsse Europa sich künftig in Schlüsselbereichen mehr engagieren, etwa in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. „Der europäische Haushalt muss auch die Möglichkeit geben, Ausgaben zu finanzieren, die einen echten ‚europäischen Mehrwert‘ schaffen: in der Forschung, bei Innovationen und auch dabei, die Mobilität vor allem der jungen Europäer zu fördern,“ betonte die Ministerin. „Für all das werden Finanzmittel benötigt.“

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