Freytags-Frage

Wie können wir das Klima retten, ohne sozialistisch zu werden?

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Den Flug- und Schiffsverkehr in den Emissionshandel einbeziehen


Dennoch wirkt der Klimaschutzplan 2050 bedrohlich. Denn die bisherige Klimapolitik der Bundesregierung legt eindeutig nahe, dass sie nichts von pretialer Lenkung hält. Vielmehr hat sie sich bislang vor allem mit genauen technologischen Vorgaben der sogannten „Energiewende“ angenähert und damit nicht nur für eine Ausbreitung erneuerbarer Energien, sondern auch für eine extreme Verteuerung des Stroms in Deutschland gesorgt.

Nun will sie noch einen draufsetzen: Denn die Vorgabe, neue Häuser nicht mit Öl- oder Gasheizungen betreiben zu dürfen, kann nur mit einem Verbot durchgesetzt werden. Als Konsequenz muss die Bundesregierung dann auch den Verkauf von Öl- und Gasheizungen generell – also auch an Altbauten-Besitzer verbieten, da es sonst Substitutionseffekte geben wird. Als Folge daraus werden Altbauten jedes Mal teuer umgebaut werden müssen, wenn die Heizung ausfällt.

Hinzu kommt, dass der Verzicht auf Öl und Gas im Haushalt nicht bedeutet, dass nur mit Sonne oder Erdwärme geheizt wird. Wärmepumpen werden nötig; sie machen Lärm und verbrauchen Strom, der dann in höherem Maße erzeugt werden muss; im Übrigen auch deswegen, weil Elektroautos versorgt werden müssen. Die Kosten des Ausbaus der Stromversorgung einschließlich der Netzwerkstrukturen werden – je nachdem, von welcher Seite – auf bis zu 2 Billionen Euro, als etwa 25.000 pro Einwohner, geschätzt. Selbst eine realistischere Einschätzung führt zu starken Kostenanstiegen für die Deutschen. Ein Tipp: Vielleicht versorgen wir uns dann mit preiswertem Atomstrom aus Frankreich?
Die höheren Kosten bedrohen Arbeitsplätze; dies führt dann womöglich zu Ausnahmen – wie bisher auch. Dies ist ebenso nicht erstrebenswert, denn es zerstört eine funktionierende Marktwirtschaft.

Dem Klima nützt das alles nur wenig; zu gering sind die deutschen Emissionen im Weltmaßstab insgesamt. Deutschland hat den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen zwischen 1990 und 2014 von etwa 1250 Megatonnen um ein gutes Viertel auf 900 Megatonnen verringern können, und das mit starken Anstrengungen. Im selben Zeitraum sind die Emissionen aus China und Indien zusammen von etwa 3.000 Megatonnen auf etwas über 12.000 Megatonnen angestiegen, dort gilt es anzugreifen. Und weltweit stiegen die Emissionen in dieser Zeit von 22.500 Megatonnen auf über 35.000 Megatonnen.

Bleibt noch das Vieh. Der Verzicht auf Fleischkonsum in Deutschland macht durchaus Sinn, auch aus gesundheitlichen Gründen. Aber es verhält sich hier wie bei den Emissionen. Während der Konsum bei uns auf hohem Niveau stagniert, wächst er gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern stark an. Der deutsche Beitrag ist weltweit dann ebenfalls vernachlässigbar. Dennoch: Über die Preispolitik ließe sich der Konsum sicher weiter einschränken.

Der vegane radelnde Passivhausbesitzer im Allgäu oder in Nordfriesland rettet das Klima nicht. Es geht ihm nur schlechter, wenn die Bundesregierung detaillierte und kostentreibende Vorschriften macht. Denn so wird umweltbewusstes Verhalten eine widerwärtige Pflicht und kein rationales Verhalten.

Damit Umwelt- und Klimaschutz rational wird, sollte die Bundesregierung auf sozialistisch-diktatorische Eingriffe verzichten. Statt dessen ist es richtig, weltweit für Klimaschutz zu werben und darauf drängen, dass die Subventionen für fossile Brennstoffe, die weltweit mehr als 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr ausmachen, zurückgeführt werden. Sie sollte auch darauf drängen, dass der globale Flug- und Schiffsverkehr ebenfalls in den Emissionshandel einbezogen wird; dann werden bestimmt viele Kreuzfahrer zu Radfahrern. Über eine langsam und mit angekündigten Raten steigende Steuer auf fossile Brennstoffe kann die Bundesregeirung überdies langfristig wirkende Anreize zum Energiesparen und damit zum Klimaschutz setzen – und das ganz ohne Planwirtschaft.

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