Freytags-Frage

Wie kann die Europäische Kommission Europas Handelspolitik stärken?

Über sensible Freihandelsabkommen müssen in Zukunft die nationalen Parlamente abstimmen. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Warum das Urteil kein Signal gegen den Freihandel ist – und wie es die Europäische Kommission für den Freihandel nutzen kann.

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Investitionsschutz und Regulierungen werden im internationalen Handel immer wichtiger. Quelle: dpa

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jüngst in einem Urteil die Zuständigkeiten der Europäischen Kommission eingeschränkt. Anlass war das Freihandelsabkommen mit Singapur, das nun noch der Zustimmung durch die Mitgliedsländer bedarf. Die nationalen Parlamente können es ratifizieren, müssen aber nicht. Von etlichen Beobachtern wird das als Zeichen gegen den Freihandel gewertet – und als eine Einschränkung der Handlungsfreiheit der Kommission.

Diese Einschätzung muss man nicht teilen. Denn moderne Freihandelsabkommen wie das kanadisch-europäische Abkommen (CETA) oder das Abkommen mit Singapur betreffen nicht nur den Außenhandel, sondern auch Regulierungen oder Investitionsschutz. Damit wird in nationale Zuständigkeiten eingegriffen. Insofern ist das Urteil kein Angriff auf den Freihandel und auch kein Kuschen vor den Globalisierungsgegnern. Deren Jubel ist allerdings ebenso fehl am Platze – und das nicht nur wegen ihrer logischen Fehlschlüsse. Denn es ändert sich gar nicht viel.

Um die Konsequenzen des Urteils vollständig erfassen zu können, muss man sich zwei Dinge verdeutlichen. Erstens: wie die Arbeitsteilung zwischen Europäischer Kommission und den Mitgliedsstaaten funktioniert. Und zweitens: warum die gewählte Arbeitsteilung vernünftig ist.

Wissenswertes zum internationalen Handel

Die Europäische Union (EU) ist – was die Handelspolitik betrifft – eine Zollunion. Sie ist gekennzeichnet durch internen Freihandel, der in der EU sowohl Güter als auch Dienstleistungen umfasst. Dazu kommen die Freiheit des Kapitalverkehrs und die Personenfreizügigkeit. Außerdem zeichnet sich die Zollunion durch gemeinsame Außenzölle und nicht-tarifäre Handelshemmnisse aus. Damit unterscheidet sie sich fundamental von einer Freihandelszone, die durch individuelle Außenhandelspolitik ihrer Mitglieder charakterisiert ist und deshalb eine hohe Anzahl an Ursprungsregeln benötigt.

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Vor diesem Hintergrund muss die Europäische Kommission die Handelspolitik für die EU betreiben, da nur sie die gemeinsamen Außenzölle und weiteren Handelshemmnisse verhandeln bzw. festlegen kann. Beschlossen wird diese Handelspolitik dann durch den Europäischen Rat und das Europäische Parlament. Von einer fehlenden demokratischen Legitimität oder einem europäischen Bürokratiemonster kann also nicht die Rede sein. Es sei denn, man hält die Regierungen der Mitgliedsstaaten für nicht legitimiert.

Wenn aber die Freihandelsabkommen weitere – über den Handel hinausgehende und die Mitgliedsländer berührende – Regelungen enthalten, sind die Mitgliedsländer der Sache nach zu beteiligen, sofern diese Regelungen nicht auch in der europäischen Zuständigkeit liegen. Investitionsschutzabkommen und Regulierungen liegen aber nicht in europäischer Zuständigkeit.

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