Gipfel in Tallinn EU kündigt Steuerpläne für IT-Konzerne an

Häufig wird US-Unternehmen vorgeworfen, in der EU nicht genügend Steuern zu zahlen. Die EU will das Problem nun angehen und eine einheitlichen Besteuerung von IT-Konzernen. Einzelne Mitgliedsstaaten sind aber skeptisch.

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Angela Merkel, Donald Tusk Quelle: dpa

Die EU will bei der einheitlichen Besteuerung von IT-Unternehmen Tempo machen. Die EU-Kommission werde im nächsten Jahr Vorschläge vorlegen, wie Firmen wie Google oder Faecbook besteuert werden könnten, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Freitag nach Abschluss des EU-Digitalgipfels in Tallinn. Allerdings wurde bei den dortigen Beratungen auch deutlich, dass es erhebliche Differenzen zwischen den EU-Staaten gibt. So kritisierte etwa Irland einen Vorschlag Deutschlands, Frankreichs, Spaniens und Italiens für eine stärkere Regulierung von IT-Firmen.

"Wir sind der Meinung, dass auch im digitalen Sektor Steuern bezahlt werden müssen, egal ob es Online oder Offline ist", sagte Juncker. "Die Kommission wird kommendes Jahr neue Regeln für eine faire und effektive Besteuerung vorlegen, die rechtliche Sicherheit und Gleichbehandlung für alle schafft."

Bundeskanzlerin Angela Merkel mahnte schnelle Fortschritte zur Schaffung eines europäischen digitalen Binnenmarktes an. "Wenn wir diesen digitalen Binnenmarkt nicht schaffen, werden wir vom Rest der Welt abgehängt", warnte sie mit Blick auf die USA und China. Die EU sei heute schon nicht mehr führend auf diesem Sektor. Sie kündigte an, dass sich die EU-Kommunikationsminister treffen sollten, um gemeinsame Standards für die Frequenzvergabe etwa für den künftigen G5-Kommunikationsstandard zur Datenübertragung zu beschließen. Zudem sollten die Investitionen in einen Wachstumsbereich wie der Künstlichen Intelligenz in der EU verstärkt und die Ressourcen gebündelt werden.

Streit um Steuern

Europäische Politiker werfen US-Unternehmen vor, in der EU nicht genügend Steuern zu zahlen. Stattdessen würden die Gewinne in Länder wie Irland und Luxemburg umgeleitet, die sehr niedrige Steuersätze haben. Häufig weisen die Firmen trotz boomender Geschäfte sogar rote Zahlen aus, indem sie komplexe Geschäfts- und Steuerstrukturen für sich nutzen.

Die EU möchte deshalb bei der Besteuerung auch ohne den Konsens mit anderen großen Staaten weltweit vorangehen. Vor dem Gipfel in Tallinn hatten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien in ihrem gemeinsamen Papier eine stärkere Regulierung gefordert. Dies stieß allerdings in Tallinn auf die Kritik etwa des irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar. "Wenn wir mehr Innovation haben wollen, ist die Lösung nicht 'mehr Steuer und mehr Regulierung'", sagte Varadkar. Etliche Länder, die in der IT-Technik bereits fortgeschritten seien wie die skandinavischen Staaten, unterstützten Irland in dieser Position.

Der italienische Ministerpräsident Paolo Gentiloni schlug vor, dass einige EU-Staaten im Rahmen einer strukturierten Zusammenarbeit voranschreiten sollten. Dafür sind mindestens zehn EU-Staaten nötig. "Da Europa sich mit Giganten auseinandersetzen muss, die meist keine europäischen Firmen sind, muss es diese faire Besteuerung der Konzerne sehr ernsthaft prüfen, die keine Fabriken mit Zehntausenden Beschäftigungen haben, aber dennoch einen außergewöhnlich hohen Umsatz in unsere Ländern verzeichnen", sagte er. Ähnlich äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron.

Die Berliner Politik ist damit beschäftigt, sich selbst zu sortieren. Es wäre gut, wenn sie damit schnell fertig würde. Denn Deutschland steht zwar gut da, braucht aber wichtige Korrekturen in der Wirtschaftspolitik.
von Sven Prange
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