Die EU-Kommission macht den Weg frei für eine Verlängerung der Grenzkontrollen in Europa. Die Behörde empfahl am Dienstag in Straßburg eine Verlängerung der bestehenden Kontrollen um bis zu drei Monate im eigentlich kontrollfreien Schengen-Raum. Deutschland, Dänemark und andere EU-Staaten hatten angesichts der Flüchtlingskrise auf den Schritt gedrängt. Allerdings muss dafür auch im Kreis der EU-Staaten noch die nötige Mehrheit zustande kommen.
Eigentlich hatte die EU-Kommission die Losung ausgegeben, dass Bürger sich bis Jahresende wieder ohne Kontrollen durch den Schengen-Raum bewegen können. Davon rückt sie nun ab.
Zwar sei die Zahl der ankommenden Migranten insbesondere wegen des Flüchtlingspakts mit der Türkei inzwischen deutlich zurückgegangen. Allerdings hielten sich weiterhin etwa 60 000 Migranten in Griechenland auf. Ein Ende der Grenzkontrollen könne dazu führen, dass sich diese Menschen wieder in andere europäische Länder aufmachen, so die Behörde. Zudem seien die Behörden in den betroffenen Staaten noch durch die Abarbeitung aktueller Asylanträge belastet.
Zwischen den 26 Mitgliedstaaten des Schengen-Raums gibt es normalerweise keine Grenzkontrollen mehr. Derzeit kontrollieren sechs der Länder ihre Grenzen, oder zumindest Abschnitte davon: Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. Die Kontrollen wurden wegen der großen Zahl an Flüchtlingen eingeführt und waren jeweils bis Mitte November genehmigt. Eine Ausnahme ist Frankreich, das noch bis mindestens Ende Januar kontrolliert und dies mit der unsicheren Lage nach den Terroranschlägen begründet.
EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sprach von „koordinierten und verhältnismäßigen Kontrollen an einigen Binnengrenzen des Schengen-Raums während eines streng begrenzten Zeitraums“.
Asylanträge nach Bundesländern 2017
Nirgendwo sonst wurden so vielen Asylanträge gestellt wie in Nordrhein-Westfalen. In der ersten Jahreshälfte 2017 waren es bisher 32.122 Menschen.
Hinweis: Alle Daten beziehen sich auf Erst- und Folgeanträge in den Monaten Januar bis Juni 2017.
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge / Statista
Stand: August 2017
12.921 Menschen haben in der ersten Hälfte des Jahres 2017 in Bayern einen Asylantrag gestellt.
In Baden-Württemberg wurden 2017 bisher 11.290 Asylanträge gestellt.
In Niedersachsen stellten 10.003 Menschen im Januar bis Juni 2017 einen Antrag auf Asyl.
In Rheinland-Pfalz beantragten 2017 bislang 7.610 Menschen Asyl.
In Hessen stellten in den ersten sechs Monaten 2017 7.508 Bewerber einen Asylantrag.
In Berlin wurden von Januar bis Juni 2017 5.535 Anträge auf Asyl gestellt.
Bis Mitte 2017 stellten 4.205 Menschen einen Asylantrag in Sachsen.
3.346 Asylanträge verzeichnet Schleswig-Holstein für die ersten sechs Monate 2017.
Einen Asylantrag in Sachsen-Anhalt stellten bis Juni 2017 3.304 Menschen.
Asyl in Brandenburg beantragten in der ersten Jahreshälfte 3.162 Menschen.
In Thüringen wurden in den Monaten Januar bis Juni 2017 3.049 Asylanträge gestellt.
In Hamburg stellten bis Ende Juni 2017 2.633 Menschen einen Antrag auf Asyl.
In Mecklenburg-Vorpommern stellten 2.104 Menschen einen Asylantrag (Januar bis juni 2017).
Bis Juni 2017 stellten im Saarland 1.538 Menschen einen Asylantrag.
In Bremen beantragten bis Ende Juni 1.192 Menschen Asyl.
Bei 94 Asylanträgen bis Mitte 2017 ist das Bundesland, in dem der Antrag gestellt wurde, anscheinend unbekannt.
Dem Verlängerungsvorschlag müssten 15 von 26 EU-Staaten zustimmen - Großbritannien und Irland sind außen vor, weil sie in keiner Form am Schengen-Abkommen beteiligt sind. Zudem müssen auf die 15 Befürworter mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der 26 Staaten entfallen. Beobachter gehen davon aus, dass diese Mehrheit erreicht wird.
Über die von Ländern wie Deutschland, Österreich und Dänemark eingeführten Grenzkontrollen gibt es in der EU seit einiger Zeit Unmut. Länder wie Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Italien forderten beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche ein Ende der Grenzkontrollen im Schengen-Raum. Sie argumentieren, dass die illegale Migration durch das Schließen der Balkanroute unter Kontrolle gebracht worden sei. Das aktuelle Ausmaß der Kontrollen sei völlig unangemessen und unrechtmäßig, hieß es am Rande des Treffens.