Griechenland So verdienen Griechenlands Milliardäre an der Krise

Seite 4/5

Herrschaft der Diebe

Die Open Society Foundation des US-Investors George Soros spricht in einer aktuellen Studie über den griechischen Mediensektor von einem „durchdringenden Klientelismus“: „Er verbindet die Besitzer, die in Schlüsselbranchen der Wirtschaft tätig sind und an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, mit der politischen Elite.“ Die Krise und die Sparpolitik seit 2010 haben die Verbindungen sogar noch gestärkt, so die Studie. Acht Privatsender vereinen mehr als 90 Prozent des Marktanteils. Kontrolliert werden sie allesamt von bekannten Unternehmern.

Eine dieser einflussreichen Unternehmerfamilien ist besagter Bobolas-Clan, der mit den Steuerproblemen. Das Familienoberhaupt, Giorgos Bobolas, hält Beteiligungen am größten Sender des Landes, dem Kanal Mega. Sein Sohn Fotios ist Direktor von Teletypos, der Holding von Mega Channel. Der andere Sohn, Leonidas Bobolas, sitzt im Vorstand des Baukonzerns Ellaktor. Tatsächlich wurde das Unternehmen schon mit Korruptionsvorwürfen in Verbindung gebracht.

Was Sie über Griechenland wissen sollten
Für die griechische Nationalmannschaft gab es lange keinen Spitznamen. Erst, nachdem die Griechen die EM 2004 gewannen, erhielten sie den Spitznamen „To Piratiko “, zu deutsch: das Piratenschiff. Der Name ist eine Anspielung auf die Seefahrernation Portugal, der die Griechen die Trophäe abluchsten. Quelle: dapd
Dem berühmten antiken Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes wird das Zitat zugeschrieben: „Gib mir einen Punkt, auf dem ich stehen kann, und ich werde dir die Welt aus den Angeln heben“. Doch auch mit einem festen Punkt und mithilfe eines Flaschenzugs hätte Archimedes das nicht vollbringen können: Selbst mit der Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes hätte er 45 Billionen Jahre lang ziehen müssen, um die Erde auch nur einen Daumen breit verschieben zu können. Quelle: dpa
Griechenland, damit verbinden viele vor allem Sonnenschein und warme Temperaturen. Und tatsächlich hat das Land einen Rekord zu bieten: In Iraklio auf der Insel Kreta wurde noch nie eine Temperatur unter 0 Grad Celsius gemessen. Quelle: dapd
Ob Vicky Leandros oder Nana Mouskouri: Der griechische Schlager ist in Deutschland beliebt, „Weiße Rosen aus Athen“ oder „Theo, wir fahr‘n nach Lodz“ klingen im Ohr. Was aber viele nicht wissen: Vicky Leandros war auch als Politikerin aktiv. 2006 errang sie ein Mandat bei den Kommunalwahlen in Piräus für die sozialdemokratische Pasok-Partei. Sie wurde Stadträtin für Kultur und Vizebürgermeisterin. 2001 und 2006 war sie sogar in Deutschland als Kultursenatorin im Gespräch, zuerst für Hamburg und fünf Jahre später für Berlin. Leandros lehnte das Angebot aber ab. Quelle: AP
2008 schaffte es die größte Bougatsa der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde. Dabei handelt es sich um ein Blätterteig-Gebäck, das süß oder herzhaft gefüllt wird und besonders in Nordgriechenland verbreitet ist. Die Rekord-Bougatsa wog 182,2 Kilogramm und war 19,97 Meter mal 58,5 Zentimeter groß und 2 Zentimeter dick. Sie wurde im ostmakedonischen Serres in einem 20 Meter großen Ofen zubereitet.Foto: Konstantinos Stampoulis, GNU-Lizenz 1.2
Für die Zeit zwischen 1200 vor Christus bis etwa 750 vor Christus gibt es kaum historische Belege wie Schriftstücke oder archäologische Funde. Die Zeit wird daher auch als die „Dunklen Jahrhunderte“ bezeichnet. Quelle: REUTERS
Eine Geschichte, die Schlagzeilen machte: Im Juli 2011 fiel auf der griechischen Urlaubsinsel Samos der Strom aus – auch in einem Krankenhaus. Eine Frau, die gerade in den Wehen lag, musste ihr Baby im schwachen Schein von Handydisplays gebären. Das Kind kam trotz allem gesund zur Welt. Quelle: dapd

2011 untersuchte die griechische Generalinspektion für die öffentliche Verwaltung (GEDD) ein Schienenbauprojekt zwischen Athen und Thessaloniki, für das eine Tochterfirma von Ellaktor einen staatlichen Auftrag ergattert hatte. Die Behörde stellte massive Unregelmäßigkeiten bei dem Tunnelprojekt fest und übergab ihren Prüfbericht der Staatsanwaltschaft. Seitdem wurde es leise um die Ermittlungen. „Wir haben große Schwierigkeiten mit unserer Justiz“, heißt es von der GEDD, „Prozesse werden oft über mehrere Jahre verschleppt.“

Georgos Bobolas bestreitet, jemals mithilfe seiner Medien seine Baugeschäfte angekurbelt zu haben. Beobachtern fiel aber auf, dass auf Mega nie ein kritisches Wort zur überdimensionierten Infrastruktur für die Olympischen Spiele 2004 fiel. Immerhin hatte Bobolas’ Ellaktor daran kräftig mitgebaut und -verdient.

Doch es ist nicht nur der Bobolas-Clan, der am Kuchen des größten TV-Senders nascht. Die Beteiligungen am Sender Mega offenbaren die Strippenzieher der griechischen Gesellschaft. Anteilseigner ist etwa auch der Unternehmer Stavros Psycharis. Neben Anteilen an dem TV-Kanal kontrolliert er auch die Tageszeitung „Ta Nea“. In der Vergangenheit hat Psycharis Staatsaufträge im Bereich Bildung und Kultur erhalten. Vardis Vardinoyannis, ein weiterer Mega-Investor, kontrolliert zwei Ölgesellschaften und hält wiederum einen bedeutenden Anteil an der Piräus-Bank, einer der führenden des Landes.

Ferienvillen warten auf Käufer
Rhodos Villa Griechenland Quelle: Presse
Dass nun massenhaft russische Oligarchen als Käufer auftreten, hält der Makler für ein Gerücht. Weder auf Rhodos noch auf anderen Inseln gebe es steigendes Interesse russischer Käufer. Auch bei den Preisen gebe es seiner Meinung nach seit Beginn dieses Jahres keine Bewegung. Quelle: Presse
Lindos ist, neben der Altstadt von Rhodos, eine der renommiertesten Regionen der Insel. Diese außergewöhnliche Immobilie ist denkmalgeschützt und spiegelt mit ihren architektonischen Stilelementen die Geschichte Griechenlands wider. Wer dieses historische Juwel kaufen möchte, muss allerdings das nötige Kleingeld dafür aufbringen können: 1,75 Millionen Euro. Quelle: Presse
Fünf Schlafzimmer und vier Badezimmer – diese Villa im mediterranen Stil ist der ideale Zweitwohnsitz für Kunden. Allerding für besserverdienende Kunden: 1,5 Millionen Euro kostet das Anwesen in Lindos. Quelle: Presse
Koskinou grenzt an Rhodos Stadt und genießt ein hohes Ansehen. Wer hier wohnen möchte braucht ein dickes Portmonee. Diese luxuriöse Villa mit insgesamt 13 Zimmern und Meerblick kostet 3,85 Millionen Euro. Quelle: Presse
25 Kilometer entfernt von Rhodos ist Symi ein beliebter Treffpunkt der internationalen Elite, die hier im Sommer mit der privaten Yacht anreist. Wer an Land relaxen möchte, muss tiefer in die Tasche greifen. 1,6 Millionen Euro kostet der Wohnsitz aus dem Jahr 1894. Quelle: Presse
Wieder in Lindos und deutlich günstiger: Für 550.000 Euro gibt es diese moderne Villa in ruhiger Lage, die einen Pool und einen Whirlpool bietet. Quelle: Presse

Auf eine rasche Entflechtung dieser Machtsphären ist kaum zu hoffen. „Die Besitzer der Medien stellen ein Machtzentrum dar, das kein Politiker wagt in Zweifel zu stellen, außer er will politischen Selbstmord begehen“, sagt der Ökonom George Pagoulatos.

Was passiert, wenn Politiker den Medienfürsten zu nahe treten, hat Mega immer wieder demonstriert, indem es seine Berichterstattung gegenüber Premierministern radikal änderte. Zu spüren bekam das etwa der frühere Ministerpräsident Giorgos Papandreou, gegen den Mega nach anfänglicher Zustimmung persönliche Attacken lancierte. Papandreou hatte aufgehört, auf jene Banken einzuwirken, die Mega mit Krediten versorgten. Ähnlich erging es dem früheren Premier Antonis Samaras. Als er Neuwahlen in Aussicht stellte, machte ihn der populäre TV-Sender vom Sympathieträger zur Persona non grata. Offenbar fürchteten die Anteilseigner um öffentliche Aufträge.

Der Heidelberger Historiker Heinz A. Richter benutzt ein Wort aus dem Griechischen, um die Lage in Hellas zu veranschaulichen: „klientelistische Kleptokratie“. Der Begriff bezeichnet eine Herrschaft der Diebe.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%