Die internationalen Geldgeber hatten die Vorhersage der griechischen Regierung übernommen, die im vergangenen Oktober als erste ein Plus von 2,7 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Raum stellte. “Wir sind an einem Wendepunkt, an dem wir mit Sicherheit die Rezession hinter uns lassen”, sagte der griechische Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis damals.
Wie optimistisch die Einschätzung war, zeigt kurz darauf die Vorhersage der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Im vergangenen November gingen die Ökonomen in Paris nur von einem halb so hohen Wachstum aus. Sie notierten einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 1,3 Prozent. Private Analysten in Griechenland zeigten sich ähnlich vorsichtig.
Das Athener Institut IOBE rechnete im Januar mit einem Plus von 1,5 Prozent bis 1,8 Prozent. Als die griechische Nationalbank ihre Prognose im März auf ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent revidierte, wurde der Optimismus der internationalen Geldgeber enttarnt.
Die argumentieren nun, dass die Unsicherheit um die Auszahlung der nächsten Hilfstranche das Wachstum in Griechenland bremse. Doch auch dies ist ein recht hilfloser Versuch, die Situation schön zu reden. Die Verhandlungen haben sich noch bei jeder Tranche verzögert, die Verantwortlichen konnten schon zu Jahresbeginn wissen, dass Griechenland das Geld so schnell nicht bekommen wird.
Wenn das Wachstum nun deutlich geringer ausfällt als angekündigt, ist das aus zwei Gründen eine schlechte Nachricht. Zunächst einmal wird fraglich, ob das Land in absehbarer Zeit ohne Rettungspakete auskommen wird. ESM-Chef Klaus Regling wird nicht müde, anzukündigen, dass Griechenland 2018, wenn das Programm ausläuft, an die Märkte wird zurückkehren können. Doch diese Prognose steht auf wackeligen Füßen – zumal Regling im vergangenen Jahr die Rückkehr für dieses Jahr ankündigte und sich korrigieren musste.
Hinzu kommt: Je geringer Griechenland wächst, desto schwerer wird es für das Land, seinen Schuldenberg abzubauen.
Mit beiden Aspekten werden sich die Griechenland-Retter in den kommenden Monaten eingehend beschäftigen müssen. Im Wahljahr könnten noch richtig schlechte Nachrichten aus Griechenland kommen.