Griechenland-Krise Ist Griechenland noch zu retten?

Ein Sondergipfel der Euro-Zone hat Bewegung in die Griechenland-Gespräche gebracht. Schon in den nächsten 48 Stunden scheint eine Einigung möglich. Doch eine Rettung macht nur unter bestimmten Umständen Sinn.

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Kommt die Drachme zurück nach Griechenland? Quelle: dpa Picture-Alliance

Griechenland will im Euro bleiben. Tausende Griechen haben am Montagabend vor dem Parlamentsgebäude in Athen für die Beibehaltung der Gemeinschaftswährung demonstriert. Anders als bei den Großkundgebungen gegen die Sparpolitik war der Sytagma-Platz zwar längst nicht komplett gefüllt, dennoch repräsentierte die lautstarke Gruppe die Mehrheit ihrer Landsleute. Laut Meinungsumfragen haben 63 Prozent der Griechen eine positive Einstellung zum Euro. Für den Großteil der Hellenen war der Montag ein guter Tag. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Grexit kommt, ist geringer geworden: In die festgefahrenen Verhandlungen zwischen Griechenland und den Geldgebern ist Bewegung gekommen - eine Einigung im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den internationalen Geldgebern soll bis Ende der Woche, vielleicht gar in den kommenden 48 Stunden, gefunden werden.

Gipfelchef Donald Tusk lobte beim Euro-Sondergipfel am Montagabend in Brüssel die jüngsten Spar- und Reformangebote Griechenlands als die „ersten wirklichen Vorschläge in vielen Wochen“. Die jüngsten Vorschläge hätten „den Weg zu einer schnellstmöglichen Einigung“ geebnet, sagte Frankreichs Präsident François Hollande. Besonders optimistisch zeigte sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Ich gehe davon aus, dass wir diese Woche eine Einigung mit Griechenland finden.“ Eine Entscheidung könnte der reguläre EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel bringen.

Die von Athen vorgeschlagenen Sparmaßnahmen

Der Optimismus der Staats- und Regierungschefs kam überraschend, ging doch am Nachmittag ein Treffen der Euro-Finanzminister, das den Gipfel vorbereiten sollte, ohne Ergebnis zu Ende. Neue Vorschläge aus Athen seien erst „ganz, ganz kurz vorher“ eingegangen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Laut EU-Diplomaten starteten Experten bereits am Montag ihre Berechnungen zu den neuen Vorschlägen.

Griechenland muss eine umfassende Reformliste vorlegen, um 7,2 Milliarden Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm zu erhalten, die derzeit blockiert sind. Die Zeit drängt, das Land steht vor der Pleite. Athen muss bis zum 30. Juni 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) zahlen. Einer möglichen Verlängerung des Programms beziehungsweise einer Auszahlung der bisher blockierten Hilfen muss neben anderen Parlamenten auch der Bundestag noch zustimmen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhöhte unterdessen die Notkredite für griechische Banken erneut merklich. Allein diese Kredite machen Geldauszahlungen durch die Institute noch möglich. Die sogenannten Ela-Kredite („Emergency Liquidity Assistance“) seien auf 87,8 Milliarden Euro angehoben worden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Hoffnung auf einen Durchbruch beflügelte die Börsen in Deutschland und Griechenland.

An Griechenland hängt mehr als nur der Euro

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte praktisch in letzter Minute neue Vorschläge für harte Steuererhöhungen und Einsparungen vorgelegt. Die Maßnahmen sollen in den kommenden eineinhalb Jahren fünf Milliarden Euro einbringen. Nach Presseberichten ist Athen nun bereit, die Mehrwertsteuer im Bereich Tourismus (Hotels, Tavernen und Cafés) zu erhöhen, die meisten Frührenten abzuschaffen und die Reichen des Landes mit einer Sondersteuer zu belegen. Einkommen ab 30.000 Euro brutto jährlich sollen stufenweise mehr Steuern zahlen. Unternehmen, die 2014 mehr als 500 000 Euro Gewinne hatten, sollen bis zu sieben Prozent Sondergewinnsteuer zahlen. Eine Immobiliensteuer, die die linke Regierung eigentlich abschaffen wollte, soll bestehen bleiben. Allein diese Maßnahme soll gut 2,6 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Besitzer von Jachten, Luxusautos und Schwimmbädern müssten tiefer in die Tasche greifen.

Doch reicht das aus, um Griechenland wirklich auf die Beine zu helfen? Ist das Programm geeignet, um nicht nur die Gläubiger zu besänftigen und die nächsten Hilfsgelder freizugeben, sondern langfristig die Krise zu lösen? Zweifel sind angebracht.

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