Griechenland-Rettung Angela Merkels nächstes Opfer

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Viele fühlen sich vereinnahmt

Und Lagarde? „Die Stimmung gegen sie im Fonds ist katastrophal“, sagt ein IWF-Insider. Manche Mitgliedstaaten dort sind sauer über zu viel Großmut gegenüber den (vergleichsweise) reichen Europäern. Gerade Asiaten und Afrikaner wollen ohnehin seit Jahren einen der ihren an der Spitze der Institution.

Andere zürnen, dass Griechenlands ausbleibenden Kreditzahlungen das IWF-Budget schmälerten. Viele fühlen sich aber auch vereinnahmt von deutscher Sparstrenge, die der Fonds eigentlich hinter sich gelassen hat. Dessen Chefökonom Olivier Blanchard hat schon 2013 gewarnt, zu harte Sparprogramme würgten das Wachstum ab.

Noch gibt es zwar Hoffnung für Lagarde. Amerika will keine Debatte über ein Ende der europäischen Dominanz beim IWF, denn dann könnte auch das amerikanische Abo auf den Weltbank-Chefposten wackeln. Und in Berlin heißt es: „Wir setzen das Programm mit Athen wie geplant durch, damit helfen wir ja auch Lagarde.“

Aber die IWF-Chefin könnte ihre internen Kritiker nur mit echten Fortschritten in Griechenland besänftigen. Das 29 Seiten lange Dokument der Troika zum neuen Hilfspaket enthält zwar viele sinnvolle Reformvorschläge, aber wenige neue. Gemeinsam mit der Weltbank soll die griechische Regierung etwa bei Sozialausgaben Einsparungen von einem halben Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Jahr ausfindig machen. Bereits im September muss die griechische Regierung einen Plan für ein Mindesteinkommen ab April 2016 vorlegen.

Griechenlands Rentensystem ist teuer

Nur: Eigentlich hätte die Sozialhilfe als Pilotprojekt in Griechenland schon Anfang 2014 beginnen sollen, die vollständige Einführung war für dieses Jahr geplant. Auch beim Rentensystem, das bisher Ausgaben aus dem Staatshaushalt mit annähernd zehn Prozent des BIPs ausmacht, dringt die Troika schon lange auf Veränderungen. Im offiziellen Dokument zum dritten Programm gibt sie allerdings zu, dass Veränderungen nur sehr halbherzig umgesetzt wurden.

„Die Rentenreformen von 2010 und 2012 würden, bei vollständiger Umsetzung, die längerfristige Tragfähigkeit des Rentensystems insgesamt erheblich verbessern“, heißt es darin. „Allerdings ist das Rentensystem noch immer fragmentiert und teuer.“

Erhebliche Zweifel sind auch beim avisierten Verkauf von griechischem Staatsbesitz angebracht, den Finanzminister Schäuble als neues Wundermittel preist. „Eine signifikant gestärkte Privatisierungsstrategie soll ein wichtiger Eckpunkt des Programms werden“, kündigte er an, nachdem Deutschland beim Euro-Gipfel Mitte Juli einen Privatisierungsfonds durchgesetzt hatte. Doch eine neue Struktur garantiert noch lange keine zusätzlichen Einnahmen, und das Volumen von 50 Milliarden Euro, das der Fonds über die Laufzeit der Kredite erreichen soll, ist aus der Luft gegriffen.

2011 hatte die Troika diese Summe zum ersten Mal in ihren Papieren erwähnt, damals mit dem Zieldatum 2015. Bis heute belaufen sich die Privatisierungserlöse auf gut vier Milliarden Euro – was ein Gefühl dafür gibt, um was für einen schwerfälligen Prozess es sich handelt. Ursprünglich war der Betrag von 50 Milliarden eher willkürlich aufgetaucht, weil es sich dabei um eine Finanzierungslücke handelte. Die sollten Privatisierungserlöse füllen.

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