Großbritannien Osborne will der Steuerflucht ein Ende setzen

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Multis werden künftig zur Kasse gebeten

Doch als Osborne vor einigen Wochen den mit dem US-Internetriesen ausgehandelten Kompromiss zur Steuernachzahlung als „großen Erfolg“ pries, erntete er in der Öffentlichkeit Hohn und Spott. Die Kritik wurde noch lauter als sich herausstellte, dass sich die Körperschaftssteuer des US-Techkonzerns Facebook letztes Fiskaljahr in Großbritannien nur auf magere 4327 Pfund summierte, und das obwohl der auf der Insel mehr als 700 Millionen Pfund an Erträgen erzielt hatte.

Solchen Praktiken will Osborne nun einen Riegel vorschieben. Künftig werden ausländische Online-Händler wie Amazon auf Waren, die sie in Großbritannien verkaufen in vollem Umfang Mehrwertsteuer bezahlen müssen, wenn sie in im Land Lagerhäuser betreiben. Außerdem werden Multis Zinsen auf britische Verbindlichkeiten künftig nur noch bis zu einer Höhe von 30 Prozent steuerlich geltend machen können. Denn bisher hätten einige ausländische Konzerne sich in Großbritannien ganz gezielt hoch verschuldet, um ihre Steuerrechnung drücken zu können, heißt es im Finanzministerium.

Der steuerlich wirksame Verlustvortrag wird bei Unternehmen ferner auf 50 Prozent der Unternehmensgewinne und bei Banken auf maximal 25 Prozent beschränkt. Beim Industrieverband CBI fanden die angekündigten Reformen Anklang: „Die Reduktion der Körperschaftssteuer sendet ein positives Signal aus und zeigt, dass Großbritannien offen für globale Investitionen ist. Dass  künftig Zinszahlungen auf Schulden nicht mehr in bisherigem Umfang abgesetzt werden können liegt ganz auf der Linie des internationalen Konsens“, so CBI-Generaldirektorin Carolyn Fairbairn.

Großbritanniens wichtigste Exportländer

Die jüngste Haushaltsvorlage fand in einem wirtschaftlichen Umfeld statt, das sich nach Ansicht Osbornes zunehmend verdüstert. Die Weltwirtschaft sei mit einem „gefährlichen Cocktail von Risiken“ konfrontiert, sagte der Schatzkanzler und nannte dabei die Turbulenzen an den Finanzmärkten, Probleme in den Schwellen- und Entwicklungsländern und das geringe Produktivitätswachstum in der westlichen Welt. Das für die Analyse der Staatsfinanzen zuständige Haushaltsbüro Office of Budget Responsibility (OBR) korrigierte seine Prognose für Großbritanniens Wirtschaftswachstum für 2016 von 2,4 auf 2,0 Prozent und für 2017 von 2,5 auf 2,2 Prozent nach unten.

Diese Prognosen setzen allerdings voraus, dass Großbritannien Mitglied der Europäischen Union bleibt. Sollten die Briten beim EU-Referendum am 23. Juni für den Austritt (Brexit) stimmen, drohe sich das wirtschaftliche Szenario noch weiter zu verdüstern, warnte Osborne. Schon jetzt erreicht er seine  selbst gesetzten Sparziele nicht und muss mehr Schulden machen als geplant. Deshalb würden bis 2020 unter anderem die Ausgaben um zusätzlich 3,5 Milliarden Pfund gekürzt, sagte Osborne. Doch für das Haushaltsjahr 2019/2020 rechnet er dann zur großen Überraschung vieler Beobachter mit einem Überschuss von 10,4 Milliarden Pfund.

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