Großbritannien Schock-Ergebnis versetzt Wirtschaft in Aufruhr

Ziel der Neuwahlen in Großbritannien war es, klare Verhältnisse zu schaffen. Stattdessen herrscht nun Ungewissheit auf allen Ebenen. Das Pfund sackte prompt ab und Unternehmen sind beunruhigt.

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"Schallende Ohrfeige" für Theresa May
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Schock-Ergebnis bei den Parlamentswahlen in Großbritannien: Obwohl noch nicht alle Wahlkreise ausgezählt sind, haben die Konservativen rein rechnerisch keine Chance mehr, über die Hälfte der 650 Sitze zu gewinnen. Deshalb steht nun fest: Es gibt ein politisches Patt, keine der großen Parteien verfügt über eine regierungsfähige Mehrheit.

Premierministerin Theresa May hat sich mit den ohne Not ausgerufenen vorgezogenen Neuwahlen schwer verzockt. Ihre konservative Partei wurde zwar wahrscheinlich stärkste Partei und dürfte laut BBC 314 Sitze gewonnen haben, verfehlte damit aber die absolute Mehrheit und büßte gegenüber 2015 wahrscheinlich sogar 17 Sitze ein.

Zwar sind diese Ergebnisse noch mit großer Vorsicht zu genießen, denn die Auszählung ist längst nicht abgeschlossen. Doch schon jetzt lässt sich konstatieren, dass May ihr Ziel, die hauchdünne Mehrheit ihres Vorgängers David Cameron auszubauen, um dann mit einem überzeugenden Mandat der Wähler in die Brexit-Verhandlungen zu gehen, krachend verfehlte. Das schlechte Ergebnis wird auf den schwachen Wahlkampf und die Fehler der Spitzenkandidatin zurückgeführt.



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Sollte May tatsächlich ihre Mehrheit verlieren, müsste sie einen Koalitionspartner suchen oder eine Minderheitsregierung bilden. Durchaus möglich allerdings, dass die Premierministerin nach weniger als einem Jahr im Amt schon wieder abtreten muss. Sie kündigte für zehn Uhr Ortszeit (elf Uhr MESZ) eine Erklärung an.

Als einer der möglichen Nachfolger gilt Außenminister Boris Johnson, der für den Austritt Großbritanniens aus der EU geworben hatte. Der Zeitplan für die Brexit-Verhandlungen gerät nun allerdings angesichts des Patts und des daraus resultierenden Machtvakuums in Gefahr. Die Brexit-Verhandlungen sollten eigentlich am 19. Juni beginnen, schon am heutigen Freitag waren erste Gespräche auf Beamtenebene geplant.

Märkte reagieren nervös

All dies steht nun in Frage. Da May Ende März offiziell den Antrag auf den EU-Ausstritt stellte, hat der Countdown für die zweijährige Scheidung bereits begonnen; Ende März 2019 verlassen die Briten die Union.

Pressestimmen zur Wahl in Großbritannien

Die politische Ungewissheit alarmierte die Finanzmärkte und die Devisenmärkte reagierten prompt: Das Pfund fiel bereits in den ersten vier Minuten nach Veröffentlichung der Wahlbefragung gegenüber dem Euro um 1,5 Prozent und gegenüber dem Dollar um 1,3 Prozent auf 1,2717 Dollar. Im Laufe des Morgens ging der Sinkflug weiter: Die Währung verbilligte sich im frühen Handel am Freitag um bis zu zwei Prozent auf 1,2695 Dollar (Stand: 6.41 Uhr). Das war der tiefste Stand seit dem 18. April, als May überraschend zu den vorgezogenen Neuwahlen aufgerufen hat.

Was ist das "hung parliament"?

An den Devisenmärkten hatten die Händler auf einen klaren Sieg Mays gehofft. „Der Markt dürfte beten, dass die Prognose sich als falsch erweist“, sagte Lee Hardman, Währungsspezialist bei der Investmentbank MUFG. Auch weil die Labour-Partei einen radikalen Linksruck anstrebt und in ihrem Wahlkampfprogramm die Verstaatlichung von Bahn und Post sowie deutlich höhere Steuern für Unternehmen und die Spitzenverdiener ankündigte, reagieren die Märkte verschnupft.

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