Großbritannien und der EU-Austritt Die Briten üben den Brexit

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Brexit wäre für Irland besonders verhängnisvoll

Für Irland, das geographisch, wirtschaftlich und politisch eng mit Großbritannien verflochten ist, wäre ein Austritt des großen Nachbarn besonders verhängnisvoll. „Irland würde mehr leiden als jeder andere EU-Staat“, so Bruton, der in diesem Zusammenhang vor einem „schweren  Schock“ und einer „langen Phase großer Ungewissheit“ warnte.

Die Debatte zeigt, wie schwierig es sein dürfte, im Hinblick auf Camerons Reformforderungen eine Lösung zu finden. Größter Streitpunkt ist weiterhin der britische Vorschlag, Sozialleistungen für EU-Ausländer in den ersten vier Jahren zu streichen. In diesem Zusammenhang fordert Bruton nun eine Ausnahmeregelung für die in Großbritannien lebenden Iren. Das allerdings dürfte den Osteuropäern gar nicht gefallen. Leszek Balcerowicz, ehemaliger stellvertretender polnischer Regierungschef wollte sich auf Anfrage der WirtschaftsWoche zwar nicht dazu äußern, doch hatte Warschau den Briten schon früher signalisiert, man werde keine Lösung dulden, die auf eine Diskriminierung der Polen im Vereinigten Königreich hinauslaufen würde.

Großbritanniens wichtigste Exportländer

Das „Kriegsspiel“ bei dem am Vormittag zunächst die Reformverhandlungen im Vorfeld des Referendums durchgespielt worden waren, zeigte deutlich, dass alle Beteiligten Großbritannien in der EU halten wollen, die Positionen der Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Spaniens, Italiens, Polens, Schwedens, Irlands und der Niederlande jedoch recht unterschiedlich sind. Nach einem Brexit-Beschluss würde er auf „konstruktive Verhandlungen“ hoffen, sagte Lamont.

Balcerowicz allerdings erklärte, zu viel Großzügigkeit sei nicht angebracht, schließlich sei Abschreckung wichtig, damit andere EU-Staaten nicht auf die Idee kämen, dem Beispiel Großbritanniens zu folgen. „Wir sollten populistische Bewegungen wie den Front Nationale in Frankreich oder Podemos in Spanien keinesfalls ermutigen“, so Balcerowicz. Im Falle eines „Nein-Votums“ habe die EU zunächst wichtigere Prioritäten, als sich um das künftige Verhältnis zu ihrem abtrünnigen Mitgliedsstaat zu kümmern, erklärten auch andere Diskussionsteilnehmer. In der Realität dürfte es dann aber vielleicht doch pragmatischer zugehen als im Rollenspiel.

Womöglich kommt es ja ohnehin nicht zum Brexit. Kampeter jedenfalls ist optimistisch: „Alle Probleme, die es mit Camerons Forderungskatalog gibt, sind lösbar – auch bis zum EU-Gipfel im Februar“, sagte er der WirtschaftsWoche am Rande der Veranstaltung. Letztlich, da sind sich viele Beobachter einig, wird es ohnehin weniger darum gehen was Cameron konkret aushandelt, solange ihm seine Landsleute abnehmen, dass er in Brüssel hart für ihre Interessen gekämpft hat: „Er muss mit einem blutigen und zerrissenem Hemd zurückkehren“, lautet die Devise.

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