Großbritannien Die Insel der Superreichen

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Weltstadt, Nachtleben, Lebensqualität

Dass die Reichen in Großbritannien nicht gerade dezent auftreten, müssen selbst die zugeben, die daran sehr gut verdienen, Dean Main etwa. Er ist 36 Jahre alt und nennt eine Immobilienmanagementfirma namens Rhodium sein Eigen, die 600 Luxusapartments im Wert von zwei Milliarden Pfund verwaltet. „Mir hat heute früh ein Kunde gemailt, der kürzlich ein Penthouse für 35 Millionen Pfund gekauft hat“, berichtet Main. „Der hat uns gefragt, ob wir ihm bei der Ausrichtung der Einweihungsparty helfen können. Er hat uns natürlich auch gebeten, ihm bei der Suche nach Butlern, Chauffeuren und nach einem Bodyguard zu helfen.“

Alltag für Main. Erstaunlich findet er nur Sonderwünsche wie den eines anderen Klienten: Zur Einweihung seines Apartments wollte der Kunde ein paar Freunde einladen, um mit ihnen ein Fußballspiel anzuschauen. Da der Kabelanschluss noch nicht fertig war, bat er Main, einen privaten Kinosaal im nahen Bulgari-Hotel anzumieten. „Die fanden das so gut, dass sie den Saal am nächsten Abend für ein weiteres Spiel gemietet haben – bei dem nicht mal ihre Mannschaft gespielt hat“, sagt Main. Kostenpunkt: je 11.000 Pfund. Die Freunde schauen dort seitdem regelmäßig Fußball. Dabei hat der Kunde längst einen Kabelanschluss in seiner Wohnung. Aber der Reichen-Wahnsinn hat in London Methode – und Main verdient hervorragend daran. „Lifestyle Management“ nennt er seine Rundumbetreuung.

So umwirbt eine ganze Stadt, ein ganzes Land einige wenige Ausgesuchte – und lässt das jeden sehen. In der noblen Mount Street in Londons Stadtteil Mayfair sind binnen weniger Meter zu erwerben: Ledertaschen von Moynat, Schuhe und Lederstiefel von Gianvito Rossi, Anzüge und Strickwaren von Loro Piana (zum Beispiel die Weste Bomber Classic in Blue Navy, 5700 Pfund).

Immobilienmanager Dean Main. Quelle: Rhodium

An einer Ecke bot bis vor Kurzem der Autoausstatter Ares seine Dienste feil. Das Unternehmen ist spezialisiert auf James-Bond-mäßige Sonderausstattungen mit Feuerlöschern, Panzerglas und Reifen, die noch funktionieren, wenn sie zerschossen wurden. Stückpreis: bis zu eine Million Pfund. Wer die Fahrzeuge auch in der heimischen Garage ganz sicher wissen will, kann sich in der Nähe von israelischen Exgeheimdienstlern sein Haus aufrüsten lassen – mit Fingerabdrucksystem und Hitzedetektoren, welche die Körpertemperatur möglicher Eindringlinge erfassen.

Nicholas Ayre kennt all diese Wünsche. Der gebürtige Neuseeländer mit Dreitagebart sucht seit 13 Jahren für wohlhabende Kunden nach Wohnungen in den exklusivsten Vierteln der britischen Hauptstadt. Seine Ein-Mann-Firma heißt Home Fusion.

Glänzende Fassade: Luxuswohnungen am Buckingham Gate, Mayfair. Quelle: Rhodium

Ayre hat längst aufgehört, sich zu wundern. Und er macht sich um seinen Job überhaupt keine Gedanken, so viel neues Geld wie derzeit nach London ströme. Die Wohnungen, die er derzeit im Angebot habe, kosteten bis zu 3,7 Millionen Pfund, sagt er. Peanuts für viele seiner Kunden, vor allem aus dem IT-Bereich. Etwa der Mann, der soeben seine Firma für 200 Millionen Dollar verkauft hatte. „Der war gerade mal 30 Jahre alt.“

Fragt man Ayre, warum so viel Geld nach Großbritannien kommt, fallen Begriffe wie „Weltstadt“, „Nachtleben“ und „Lebensqualität“, die guten Schulen, die englische Sprache. Doch Ayre weiß: Es sind auch die Steuern. Vor allem jene 200 Jahre alte Steuerlücke, die es Superreichen ermöglicht, kaum Einkommensteuern zu zahlen.

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