Helmut Kohl Staats- und Regierungschefs verabschieden sich in Straßburg

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Der französische Präsident Emmanuel Macron würdigte den Altkanzler als großen Freund seines Landes. „Helmut Kohl reichte uns die Hand.“ Macron erinnerte an die Annäherung beider Länder in den 80er Jahren und die Nähe Kohls zum damaligen französischen Präsidenten François Mitterrand. Der 39-Jährige bekräftigte seinen Willen zur engen Zusammenarbeit mit Deutschland und Bundeskanzlerin Merkel. Auf Deutsch sagte er: „Wir haben heute überhaupt keinen Anlass zur Resignation. Wir haben vielmehr Grund zu realistischem Optimismus.“

Der frühere US-Präsident Bill Clinton sagte, Kohl habe eine Welt gewollt, in der Zusammenarbeit als besser gilt als der Konflikt. „Er wollte eine Welt schaffen, in der niemand niemanden dominiert.“ Zum Schluss sagte Clinton: „Du hast das gut gemacht in deinem Leben. Und wir, die wir dabei sein durften, lieben dich dafür.“

Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew erinnerte an die engen Beziehungen Kohls zu seinem Land. Für den Altkanzler sei Russland Bestandteil eines vereinten Europas gewesen, sagte Medwedew, der in Straßburg als Privatperson sprach. „Für ihn war das ein Teil eines gemeinsamen Hauses, ohne Stacheldraht.“

Was bleibt von Helmut Kohl? Ein Kanzler für die Geschichtsbücher. Für die deutsche Einheit und die europäische Einigung war ihm kein Preis zu hoch. Nachruf auf einen Staatsmann, dem alles Ökonomische nichts galt.
von Dieter Schnaas

Erstmals wurde für einen Politiker ein solcher europäischer Trauerakt ausgerichtet. Einen deutschen Staatsakt für Kohl wird es dagegen nicht geben. Der mit einer Europaflagge bedeckte Sarg des Altkanzlers war am Morgen aus Kohls Haus in Ludwigshafen-Oggersheim getragen worden. Anschließend machte sich ein Fahrzeugkonvoi auf den Weg nach Straßburg. Am Abend wird der frühere Bundeskanzler nach einem Requiem im Speyerer Dom beerdigt. Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler, 25 Jahre lang CDU-Vorsitzender und „Ehrenbürger Europas“.

Am Nachmittag soll ein Hubschrauber den Sarg nach Ludwigshafen zurückbringen. Im Dom zu Speyer hält der katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann die Totenmesse (18.00). Rund 1500 geladene Gäste werden dazu erwartet. Nach einem militärischen Ehrenzeremoniell der Bundeswehr soll Kohl dann (20.30) auf einem nahen Friedhof in Speyer im Freundes- und Familienkreis beigesetzt werden. Er wird damit nicht im Familiengrab in Ludwigshafen bestattet. Ein Großaufgebot der Polizei mit mehr als 1000 Beamten sichert die Trauerfeierlichkeiten. Die Beisetzung dürfte zu den größten Beerdigungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte zählen, Tausende Menschen werden dazu allein in Speyer erwartet.

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