Hilfspaket für Griechenland Zustimmung aus Finnland, Zweifel in Brüssel

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Entscheidende Hürde im griechischen Parlament

Eine Mitschuld an dem rasant gewachsenen Bedarf weisen die Institutionen der Regierung in Athen zu, die im Januar mit dem Versprechen angetreten war, den Spar- und Reformkurs zu beenden. Die Folge war eine drohende Staatspleite und vorübergehende Bankenschließungen. Dabei sah die Lage nach Angaben des Athener Statistikamtes bis zur Zuspitzung der Verhandlungen gar nicht so schlecht aus: Im zweiten Quartal wuchs die Wirtschaft um 0,8 Prozent. Experten zufolge liegt dies vor allem am Tourismus. Für das Gesamtjahr 2015 rechnen die Institutionen allerdings damit, dass die Wirtschaft um 2,3 Prozent schrumpft. Erst 2017 dürfte sie wieder um 2,7 Prozent wachsen.

Die Konjunkturschwäche und die neuen Darlehen führen zu einer weiteren Aufblähung des Schuldenberges: Er wird nach den Erwartungen der Geldgeber bis 2030 nur mäßig auf 143 Prozent des BIP schrumpfen. Beim letzten Hilfspaket hatte man noch eine Quote von unter 110 Prozent im Jahr 2022 angestrebt. Bisher hat sich allerdings noch keine solche Prognose seit 2010 erfüllt.

Eine erste entscheidende Hürde müssen die Pläne für das neue Hilfsprogramm im Parlament in Athen nehmen. Ministerpräsident Alexis Tsipras muss zwar erneut mit heftigem Widerstand aus den Reihen seiner Syriza-Partei rechnen. Der Flügel der Reformgegner um den Ex-Energieminister Panagiotis Lafazanis rief sogar zur Gründung einer neuen Bewegung auf, die gegen neue Programme kämpfen soll. Weil aber die bürgerliche Opposition Tsipras Unterstützung signalisiert hat, galt eine Parlamentsmehrheit als gesichert.

Am Freitag wollen sich dann die Euro-Finanzminister mit dem Hilfspaket befassen und letzte Hindernisse aus dem Weg räumen. Der deutsche Finanzstaatssekretär Jens Spahn nannte es im Deutschlandfunk vor allem wichtig, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) an Bord bleibe. Endgültig kann Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dem Rettungsprogramm nur zustimmen, wenn ihn der Bundestag dazu ermächtigt. Hier zeichnet sich vor allem in der Unions-Fraktion Widerstand ab. Eine Sondersitzung könnte am kommenden Dienstag angesetzt werden.

Die Aussichten haben sich stark verschlechtert

In den Verhandlungen hatte die Bundesregierung unter anderem darauf gedrungen, zu Beginn des Programms eine möglichst kleine Rate nach Athen zu überweisern, um den Reformdruck aufrecht zu erhalten. Damit konnte sie sich offenbar durchsetzen. Insidern zufolge sollen im August 23,0 Milliarden Euro fließen, davon zehn Milliarden zur Rekapitalisierung angeschlagener Hellas-Banken. Zeitweise war von einer weitaus höheren Rate die Rede.

Bei der Beurteilung der Schuldentragfähigkeit des Landes zogen die Institutionen nicht nur die Schuldenhöhe gemessen an der jährlichen Wirtschaftsleistung in Betracht. Sie analysierten auch den jährlichen Finanzbedarf. Gemessen daran kamen sie zu dem Urteil, dass dieses Kriterium geschafft werden könne, wenn ein glaubwürdiges und ehrgeiziges Reformprogramm verfolgt werde. Dann könnte eine "angemessene Kombination" von Verlängerungen laufender Kredite sowie tilgungs- und zinsfreier Zeiten helfen. Ein Schuldenschnitt wäre so nicht erforderlich. Damit die Rechnung aufgeht, müsse sich die Regierung in Athen allerdings voll hinter das neue Reformprogramm stellen

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