Also sind es eher Gefühle als rationale, ökonomische Argumente, die den Ausschlag geben?
Die Situation ist für die Wähler ja nicht einfach: Zwei lautstarke Kampagnen mit guten Argumenten für beide Positionen. Und es geht um die Zukunft, die sich nur schwer vorhersagen lässt. Die Wähler wissen nicht, wie es ihrem Land zukünftig gehen wird. Dazu kommt, dass die politischen Lager auch nicht klar bezüglich der Brexit-Frage sind.
Die Trennlinie zwischen EU-Gegnern und Befürwortern läuft mitten durch die Parteien?
Die politischen Lager sind zumindest nicht so eindeutig, wie man erwarten könnte. Es sind eher die Wähler der Konservativen, die aus der EU wollen. David Cameron, immerhin der Parteivorsitzende der Conservative Party, hat sich aber klar für den Verbleib ausgesprochen. Einige Labour-Politiker wie Jeremy Corbyn haben lange mit einem klarem Bekenntnis zur EU gehadert. Seine Wähler sind aber mehrheitlich für den Verbleib. Das verunsichert die Wähler zusätzlich.
Was macht die Anhänger der Leave-Bewegung aus?
Der typische Brexit-Befürworter ist älter. Er lebt in der englischen Provinz oder in Arbeiterstädten, ist selbst Arbeiter oder gehört der unteren Mittelklasse an. Die jungen Engländer, die Iren, Waliser und Schotten wollen dagegen eher in der Union bleiben. Die Bürger im kosmopolitischen London sind ohnehin pro EU. Die soziale Stellung spielt bei der Einstellung zur EU ebenfalls eine Rolle. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Zustimmung zur EU wächst, je höher die Bildung ist.
Welche Auswirkungen hat das Gezerre in England auf Deutschland?
Breiter Konsens in Deutschland ist, dass Großbritannien Teil der EU bleiben soll. Auch sonst stellen die meisten Deutschen die Europäische Union nicht in Frage. Die Franzosen und Spanier sind da deutlich skeptischer. Und die Griechen gingen wohl lieber heute als morgen raus, wenn sie nicht finanziell gebunden wären.