Auch in Deutschland werden oft mangelnde Investitionen kritisiert, Brücken fallen auseinander und Schulen werden nicht modernisiert. Brauchen wir ein Investitionsprogramm?
Wir sehen schon, dass nicht ausreichend investiert wird, obwohl die notwendigen Mittel aufgrund der niedrigen Zinsen ja vorhanden sind. Wir brauchen vor allem Investitionen, die die Produktivität steigern, wie beispielsweise ein Personalaufbau oder der Zukauf von Maschinen. Das können auch gemeinsame Investitionen von Staat und Privatwirtschaft sein.
Die Geldpolitik der meisten Zentralbanken versucht doch gerade, Investitionen mit historisch niedrigen Zinsen anzutreiben. Warum kommt das billige Geld der Zentralbanker in der wirtschaftlichen Realität nicht an?
Der Einfluss von niedrigen Zinsen ist sehr komplex, wir verstehen einiges davon, aber sicher nicht alles.
Notenbanken rund um den Globus lockern ihre Geldpolitik
Im Kampf gegen einen gefährlichen Abwärtssog aus fallenden Preisen und schrumpfenden Investitionen senken immer mehr Notenbanken weltweit die Zinsen. Ein Überblick über die einzelnen Schritte seit dem 1. Januar.
Quelle: Reuters; Stand März 2015
Die Zentralbank von Usbekistan setzt ihren Refinanzierungssatz auf neun Prozent von bislang zehn Prozent nach unten.
Die Schweizer Notenbank (SNB) vollzieht eine radikale Kehrtwende und schafft den Mindestkurs des Franken zum Euro ab. Die Währungshüter begründen ihre überraschende Entscheidung mit dem immer stärker werdenden Dollar und dem anhaltend fallenden Euro. Gleichzeitig wird der Strafzins auf Einlagen von Banken bei der Notenbank auf 0,75 Prozent von 0,25 Prozent angehoben.
Die Notenbank von Ägypten senkt überraschend die Leitzinsen um 0,5 Punkte. Die Sätze für Übernachteinlagen und Kredite werden auf 8,75 beziehungsweise 9,75 Prozent gekürzt.
Perus Zentralbank senkt überraschend den Leitzins auf 3,25 von bislang 3,5 Prozent. Konjunkturdaten für das Land, die kurz vorher veröffentlicht wurden, waren sehr schwach ausgefallen.
Die Bank von Kanada senkt die Zinsen auf 0,75 Prozent. Damit beendete sie den längsten Zeitraum mit unveränderten Zinsen seit 1950 - seit September 2010 hatte der Schlüsselzins bei einem Prozent gelegen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigt eines der bislang größten Anleihe-Kaufprogramme aller Zeiten an. Insgesamt wollen die Währungshüter Staatsbonds sowie andere Wertpapiere im Volumen von 1,14 Billionen Euro erwerben. Mit den Käufen soll im März begonnen werden.
Pakistans Zentralbank senkt den Leitzins auf 8,5 von bislang 9,5 Prozent. Sie begründete dies mit einem schwächeren Inflationsdruck im Zuge der weltweit sinkenden Ölpreise.
Die Zentralbank von Singapur (MAS) lockert ihre Geldpolitik, um die niedrige Inflation anzuheizen. Sie kündigt an, den Kursanstieg des Singapur-Dollar gegen einen Korb ausländischer Währungsmittel einzudämmen. Die Inflationserwartungen hätten sich seit Oktober 2014 erheblich verändert, begründeten die Notenbanker des Stadtstaats den Schritt.
Die albanische Notenbank setzt den Schlüsselzins herab auf das Rekordtief von zwei Prozent. Im vergangenen Jahr hatte sie die Zinsen bereits drei Mal gesenkt, zuletzt im November.
Russlands Notenbank kappt den Schlüsselzins für die Versorgung der Banken mit Geld auf 15 von 17 Prozent. Das ist eine scharfe Kehrtwende, da die Notenbank 2014 die Zinszügel erst kräftig angezogen hatte. Die westlichen Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts und der Ölpreisverfall haben eine Kapitalflucht aus Russland ausgelöst und den Rubel auf Talfahrt geschickt.
Die australische Zentralbank RBA senkt den Leitzins auf ein Rekordtief. Der Schlüsselzins liegt damit nun bei 2,25 Prozent. Mit dem Schritt wollen die Währungshüter unter anderem die Konjunktur ankurbeln.
Rumäniens Zentralbank senkt in zwei Schritten den Leitzins um insgesamt 0,5 Punkte auf ein Rekordtief von 2,25 Prozent.
Die dänische Zentralbank setzt vier Mal innerhalb weniger als drei Wochen ihre Leitzinsen herab. Sie interveniert zudem regelmäßig am Devisenmarkt, um die Koppelung der Krone an den Euro zu verteidigen.
Schwedens Zentralbank senkt ihren Leitzins für Wertpapier-Rückkaufgeschäfte mit den Geschäftsbanken - den sogenannten Repo-Satz - auf minus 0,1 Prozent von zuvor null Prozent. Zugleich kündigt sie an, für zehn Milliarden Kronen Staatsanleihen zu kaufen.
Die Zentralbank von Indonesien setzt überraschend die Zinsen um 0,25 Punkte auf 7,5 Prozent herab. Es ist die erste Senkung seit drei Jahren. Volkswirte hatten dies nicht erwartet.
Die Notenbank von Botsuana senkt ihren Leitzins um einen Punkt auf 6,5 Prozent. Die Konjunkturentwicklung und die Inflationsaussichten würden einen solchen Schritt ermöglichen, erklärten die Währungshüter des afrikanischen Landes.
Die Bank von Israel kappt ihren Leitzins auf 0,1 von bislang 0,25 Prozent. Es ist die erste Senkung seit sechs Monaten. Hintergrund ist unter anderem der Kampf gegen Deflationsgefahren und die Aufwertung der Landeswährung Schekel.
Die Zentralbank der Türkei senkt ihren Schlüsselzins in zwei Schritten um insgesamt 0,75 Punkte auf 7,5 Prozent. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu forderte nach der zweiten Zinslockerung die Notenbank auf, noch größere Schritte einzuleiten, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Die chinesische Notenbank senkt ihren Schlüsselzinssatz auf 5,35 von zuvor 5,6 Prozent. Der neue Satz sei der Entwicklung des Wirtschaftswachstums, den Preisen und der Beschäftigungslage angemessen. Die Zentralbank hatte zuvor bereits Anfang Februar angekündigt, dass die Finanzinstitute künftig nicht mehr so viel Kapital als Mindestreserve bereithalten müssen. Damit soll für mehr Liquidität im Finanzkreislauf der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft gesorgt und die Kreditvergabe angeschoben werden.
Die indische Notenbank setzt den Leitzins in zwei Schritten um jeweils 0,25 Punkte auf 7,5 Prozent nach unten. Die Reserve Bank of India (RSB) reagiert mit der geldpolitischen Lockerung auf zuletzt magere Konjunkturdaten zur Produktion und Kreditvergabe. Indiens Wirtschaft durchläuft derzeit eine Phase vergleichweise schwachen Wachstums.
Laut Lehrbuch macht es für Unternehmen Sinn, Ausgaben der Zukunft in die Gegenwart zu verschieben, um in der Zukunft höhere Umsätze zu erwirtschaften. Schuldenfinanzierte Investitionen erwirtschaften die Gewinne von morgen. Dieser Mechanismus funktioniert aber nicht immer, das sehen wir gerade.
Woran machen Sie das fest?
Normalerweise waren niedrige Zinsen und hohe Assetpreise immer ein Zeichen von Überfluss und ausgelassener Stimmung bei Investoren und Anlegern. Das gilt so nicht mehr.
Nehmen sie beispielsweise die Lebensversicherer, in deren Depots der Kurs ihrer langfristigen Anleihen zwar auch steigt, deren Geschäftsmodell aber massiv unter den niedrigen Zinsen leidet. Auch bei den Sparern lösen die niedrigen Zinsen Stress aus, die Leute fühlen sich miserabel.
Sie beschreiben in ihrem Jahresbericht die wachsende Bedeutung von Wechselkursen. Haben Sie Angst vor einem Währungskrieg?
Nein, wir meinten damit einen anderen Zusammenhang. Wir denken dabei an Wechselkurse im Zusammenhang mit Handelsbilanzen, also handelsgewichtete Kurse. Aufgrund des hohen Bestands an Dollar-Schulden haben Wechselkurse aber auch eine wachsende Bedeutung als Schnittstelle zwischen Finanzmärkten und Realwirtschaft. Wir denken dass dieser Kanal sehr wichtig ist, gegenüer dem Handelskanal aber oft unterschätzt wird.