Irland-Wahlen Die Angst vor der irischen Syriza

Irlands Wirtschaft hat dank Premier Kenny ein Comeback gefeiert. Doch bei der Wahl Ende Februar könnte die Koalition die Mehrheit verlieren. Unternehmer fürchten ein Ende der Reformen – und die Linkspartei Sinn Fein.

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Irland wählt Quelle: AP

Es ist ein Wahlkampf, der einem Sprint gleicht. Im schwarzen Regenmantel steht die irische Sinn-Fein-Politikerin Mary Lou McDonald trotz Regens in der Dubliner Innenstadt und verteilt Wahlzettel. McDonald weiß, dass ihr nicht viel Zeit bleibt. Schon am 26. Februar wird in Irland ein neues Parlament gewählt, wie Premierminister Enda Kenny kürzlich verkündete.

„Die Entscheidung ist absolut klar“, wandte sich der Spitzenpolitiker vor wenigen Tagen per Twitter an seine Bevölkerung. „Wollen Sie als Wähler die wirtschaftliche Erholung Irlands fortsetzen – oder wollen Sie sie riskieren?“ Der 64-Jährige will der erste Chef der konservativen Partei Fine Gael werden, der als Regierungschef die Wiederwahl schafft.

Doch die Aufgabe wird schwerer als gedacht. Denn so simpel die Frage von Kenny sein mag, so kompliziert ist die Antwort, die darauf derzeit die irischen Wähler geben möchten. So fiel die Unterstützung für Kennys Fine Gael-Labour-Koalition im Januar nach jüngsten Meinungsumfragen auf aktuell lediglich 35 Prozent, nach einer satten Mehrheit von 55 Prozent bei den Wahlen vor fünf Jahren. Um sich eine zweite Amtszeit zu sichern, müsste die Koalition allerdings zusammen auf mindestens etwa 44 Prozent der Stimmen kommen, wie Philip O’Sullivan, Ökonom von Investec Plc in Dublin, darlegt.

Wie stehen Griechenland, Spanien und Co. da?
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Die Lohnstückkosten sind in Griechenland, Irland und Spanien vergleichbar hoch. Für Griechenland senkt das die Wettbewerbsfähigkeit im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung deutlich herab.
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Alle vier Länder haben den Abbau der Staatsausgaben verbessert. Besonders Griechenland war hier auf einem guten Weg, bis im Januar Syriza an die Macht kam.
Mit dem Abbau der Staatsverschuldung haben alle vier Länder noch ein Problem und sind noch weit entfernt von einem akzeptablen Stand. Am besten schlagen sich hier Spanien und Irland.
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Diese Unsicherheit ist für viele irische Unternehmen eine heikle Situation. Zwar hat kein Krisenland der Euro-Zone eine solch fulminante wirtschaftliche Wiederauferstehung geschafft wie Irland. Aber nun fürchten viele Firmen ein Ende der Reformen.

„Für die irische Wirtschaft ist es wichtig, dass auch die nächste Regierung die wirtschaftliche Stabilität sicherstellt“, betont Danny McCoy, Chef des Unternehmerverbandes Ibec. Doch ähnlich kraftvoll wie die irische Wirtschaft wächst die Ungewissheit darüber, welche Parteien das Land künftig führen werden.

„Das Letzte, was das Land braucht, ist Missmanagement“

Kenny, der vor fünf Jahren inmitten einer tiefen Rezession antrat, hat das Land zwar mit harten Einschnitten wieder auf Wachstumskurs gebracht. Das drastische Sparprogramm hat jedoch tiefe Spuren hinterlassen. Wie zuvor in Spanien und Griechenland sind darum auch in Irland Protestparteien oder neue politische Bewegungen die neuen Gewinner.

Vor allem eine Partei dürfte dabei an Bedeutung gewinnen, die für viele Finanz- und Wirtschaftsleute ein rotes Tuch ist: Sinn Fein. Die Partei galt lange als die politische Vertretung der IRA, doch inzwischen hat sie sich zu einer Linkspartei nach dem Vorbild der griechischen Syriza gewandelt – und darf bei den Wahlen auf rund 19 Prozent hoffen.

Für die Wirtschaft ist das ein Alarmsignal. „Sinn Fein steht traditionell der Wirtschaft sehr feindlich gegenüber”, klagt McCoy, Chef des Unternehmerverbandes Ibec. Es würde seiner Meinung Irland nicht gut tun, wenn die Partei mit an die Regierung käme. Auch Ökonomen sind alarmiert.

Irland haben in den vergangenen Jahren auf strikte Haushaltsdisziplin geachtet, sagte Alan McQuaid, Ökonom von Merrion Capital in Dublin. „Das Letzte, was das Land jetzt braucht, ist politisches Missmanagement im großen Maßstab. Das könnte die ganze harte Arbeit aufs Spiel setzen.“

Kenny droht damit zum Opfer seines eigenen Erfolgs zu werden. Der angestrebte Wirtschaftsaufschwung ist da, doch sieben harte Sparprogramme haben bei vielen Iren ihre Spuren hinterlassen. Grimmig listen seine Gegner die Lasten auf, die Kenny den Iren zugemutet hat – von der Wassersteuer bis zur Mehrwertsteuererhöhung.

Es sei ein „Mysterium für ihn, warum so viele Iren nichts von der beispiellosen Erholung spüren“, klagt Patrick Coveney, Chef des Lebensmittelherstellers Greencore. Es ist eine Kritik, die Kenny besonders schmerzen dürfte. Denn Coveney ist nicht nur ein wichtiger Firmenchef, sondern auch der Bruder seines Landwirtschaftsministers Simon Coveney.

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