Ausgeblieben sind vor allem die versprochenen Arbeitsmarktreformen, die für mehr Beschäftigung sorgen sollen. Ein Abbau von Regulierungen könnte der Wirtschaft zu neuem Elan verhelfen und eine nachhaltige Schuldensenkung erfordert weitere Privatisierungen. Auch der bisherige Abbau von Privilegien der politischen Klasse hat bislang rein symbolische Bedeutung.
Ökonomen kritisieren, das Schwergewicht der Maßnahmen liege auf der Einnahmenseite, während die Regierung Ausgabenkürzungen weitgehend vermieden habe. Von den insgesamt 34 Milliarden Euro entfallen 17 Milliarden Euro auf Mehreinnahmen. Dabei müsste der Regierungschef auf der ganzen Reformklaviatur spielen, um Italien aus der schwierigsten Krise der Nachkriegszeit zu verhelfen. Dazu kommt: „Im Bereich der Steuerhinterziehung und der Kapitalflucht hätte man mehr machen müssen“, bemängelt der frühere Finanzminister Visco.
Steuersünder und Kapitalflüchtlinge gehen jedoch weiter ungestraft aus. Sollte sich aber die weit verbreitete Steuerhinterziehung und die Flucht der institutionellen Investoren aus italienischen Banken und Staatsanleihen weiter fortsetzen, dürfte auch das gerade beschlossene Sparprogramm nicht reichen, um Italien aus der Schuldensklaverei zu befreien.
Kein Schuldenabbau ohne Wirtschaftswachstum
Denn Italiens eigentliches Problem ist aber weniger das Haushaltsdefizit, als vielmehr das chronisch schwache Wirtschaftswachstum. Gelingt es der Regierung nicht, die Wirtschaft anzukurbeln, sind die Chancen eines effizienten Schuldenabbaus gering. Italien gerät 2012 in die Rezession. Das BIP soll sich um 0,5 Prozent verringern. Dabei nannte der ehemalige Gouverneur der Banca d’Italia und derzeitige EZB-Präsident Mario Draghi ein Wachstum von mindestens zwei Prozent des BIPs als dringend notwendig, um einen effizienten Schuldenabbau durchzuführen. Davon aber ist Italien weit entfernt.
Jüngst erlassene Maßnahmen, wie die Erhöhung der Mehrwertsteuer um zwei Punkte auf 23 Prozent ab Herbst 2012, die Einführung der Immobiliensteuer sowie die reale Verringerung der Renten werden den privaten Konsum ohnehin negativ beeinflussen. Das droht nach Ansicht des Wirtschaftsprofessors der Bocconi Universität, Francesco Giavazzi, die Rezession zu verschärfen.
Mann der Zukunft
Die Hoffnungen konzentrieren sich nun auf den neuen Superminister Corrado Passera, im Kabinett Monti verantwortlich für wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur. Es ist kein Zufall, dass die Wahl von Regierungschef Mario Monti für das Schlüsselamt in seiner Regierung auf den 57-Jährigen fiel. Denn während Monti bestätigte, dass er keineswegs in der Politik verbleiben werde, gilt der frühere Mailänder Bankchef als Mann der Zukunft. Gestützt von den Zentrumsparteien, von der Kirche und auch von einem Großteil der derzeit stärksten Partei Italiens, der PD, traut man dem bislang parteilosen Passera eine politische Karriere zu.