Italien Kein Interesse an Reformen

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Problem für die Eurozone

Marcegaglia Quelle: Corbis

Eine derartige Entwicklung wurde zwar aus Berlusconis Umgebung umgehend dementiert, ist aber plausibel. Jedenfalls versprach der Ministerpräsident in einem Schreiben an seine europäischen Kollegen, das Rentenalter auf 67 zu erhöhen, allerdings erst 2026. Der Kündigungsschutz soll gelockert werden, und Privatisierungen sollen in den kommenden drei Jahren 14 Milliarden Euro für die Staatskasse bringen. Das sind dringend notwendige Schritte. Denn Italien ist in den vergangenen Wochen in dramatische Abhängigkeit von den europäischen Institutionen geraten.

Seit September kauft die Europäische Zentralbank italienische Staatsanleihen. Das Land ist auf diese Stützungskäufe angewiesen, seit die internationalen Ratingagenturen seine Kreditwürdigkeit herabgestuft haben. Die Zinssätze steigen schnell. Die Differenz zwischen Bundesanleihen und italienischen Staatsanleihen liegt derzeit bei 389 Basispunkten.

Und das bei einer Staatsverschuldung, die Italien neben dem viel kleineren Griechenland zum Hauptproblem der Euro-Zone macht: Die Republik ächzt unter einer Verschuldung von mehr als 1900 Milliarden Euro, etwa 120 Prozent vom jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP). Zudem wird Italien 2012 wahrscheinlich in die Rezession schlittern, und die Realeinkommen der Italiener sinken bereits seit fünf Jahren.

Darum muss der italienische Staat einerseits sparen, um seine Kreditwürdigkeit zu retten, andererseits aber auch für Wachstum sorgen. Ein Dilemma, dem Berlusconi und seine Leute nicht gewachsen sind.

Anfang September, schon damals auf Druck der EU, hatte das Kabinett ein Schuldenabbauprogramm von 54 Milliarden Euro beschlossen. Fünf Mal musste es die Gesetzesvorlage revidieren, bis sie endlich die parlamentarische Hürde schaffte. Erklärtes Ziel war ein ausgeglichener Haushalt im Jahr 2013, erreichbar ist das auch jetzt nicht. „Es wäre schon als Erfolg zu werten, wenn das Defizit unter ein Prozent des BIPs fiele“, sagt Paolo Onofri, Ökonomieprofessor in Bologna und Vizepräsident des Wirtschaftsforschungsinstitutes Prometeia.

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