Justizreform Polens Präsident Duda legt Veto ein

Polens Präsident Andrzej Duda wird gegen die umstrittene Justizreform sein Veto einleglegen. Seit Wochen gehen Zehntausende Menschen in Polen gegen die Reform auf die Straße.

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Der polnische Präsident Andrzej Duda Quelle: dpa

Der polnische Präsident Andrzej Duda wird gegen zwei der drei Gesetzesentwürfe zur umstrittenen Justizreform der Regierung sein Veto einlegen. Das gab Duda am Montag bekannt. Eines der zurückgewiesenen Vorhaben hätte das Oberste Gericht unter die politische Kontrolle der Regierungspartei gestellt und dem Justizminister die Macht gegeben, Richter zu ernennen. Der Justizminister ist in Polen gleichzeitig der Generalstaatsanwalt. Ein Generalstaatsanwalt sollte eine solche Macht nicht besitzen, sagte Duda.

Mit seiner Ankündigung brach Duda erstmals öffentlich mit dem Vorsitzenden der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jaroslaw Kaczynski. Bevor Duda Präsident wurde, gehörte er der PiS an. Kaczynski hatte ihn 2015 als Präsidentschaftskandidaten seiner Partei ausgewählt.

Kritiker betrachten die Justizreform als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz. Kaczynski wird vorgeworfen, sich mit autoritären Mitteln Macht und Einfluss sichern zu wollen. Seit Tagen gehen Demonstranten aus Protest gegen die Regierungspläne auf die Straße. Sie hatten Duda immer wieder aufgefordert, die Gesetzesentwürfe nicht zu unterzeichnen. Die Entwürfe waren zuvor von beiden polnischen Parlamentskammern bestätigt worden.

Duda sagte, das derzeitige Justizwesen in Polen müsse reformiert werden. Die vorgelegten Reformvorschläge drohten jedoch, ein unterdrückendes System zu schaffen. Die Proteste der vergangenen Tage hätten zudem gezeigt, dass die Änderungen die Gesellschaft spalten würden, sagte er.

Er habe bei seiner Urteilsfindung mit vielen Experten gesprochen, darunter Anwälten, Soziologen, Politikern und sogar Philosophen, so Duda. Wer ihn allerdings am meisten beeinflusst habe, sei Zofia Romaszewska gewesen, eine führende antikommunistische Dissidentin der 70er und 80er Jahre. Sie habe ihm gesagt: „Herr Präsident, ich habe in einem Staat gelebt, in dem die Generalstaatsanwälte eine unglaublich mächtige Position innehatten und praktisch alles tun konnten. Ich würde ungern in solch einen Staat zurückgehen.“

Duda kündigte an, auch gegen den Plan zu Änderungen für den Landesrichterrat sein Veto einzulegen. Das Vorhaben hätte unter anderem Abgeordneten die Befugnis gegeben, Richter zu ernennen, was die Gerichte politisiert hätte. Unter einen dritten Gesetzesentwurf, der eine Umgestaltung der Amtsgerichte vorsieht, will Duda dagegen seine Unterschrift setzen.

Die Opposition lobte Duda für seine Entscheidung. Dabei handele es sich um einen mutigen Schritt in die richtige Richtung, sagte Kamila Gasiuk-Pihowicz von der oppositionellen Partei Die Moderne.

Am achten Tag in Folge hatten am Sonntag Menschen in ganz Polen gegen die Reform protestiert. Vor dem Präsidentenpalast und später auch vor dem Obersten Gerichtshof in Warschau schwenkten viele von ihnen polnische und EU-Flaggen. Die Protestierenden skandierten Slogans wie „Verfassung!“ und „Freiheit, Gleichheit, Demokratie!“. In Krakau, Breslau und anderen polnischen Städten wurde ebenso protestiert wie in Paris, Brüssel und London.

Unterstützt wurden die Demonstranten am Wochenende von Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, der mit der Solidarnosc-Bewegung den Sturz des kommunistischen Systems herbeigeführt hatte. In einer Rede bei einer Großkundgebung in seiner Heimatstadt Danzig erinnerte der 73-Jährige an den demokratischen Wandel, den er vor mehr als einem Vierteljahrhundert in Polen mit auf den Weg gebracht hatte. Die Gewaltenteilung sei die größte Errungenschaft seiner Solidarnosc-Bewegung gewesen, sagte er. Die PiS habe kein Recht, diese Leistung zunichte zu machen.

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