Katalonien Unternehmen planen ihre Flucht

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Deutsche Unternehmen erwägen Abzug aus Katalonien

Noch hat kein in Barcelona ansässiges deutsches Unternehmen den Umzug offiziell angekündigt, aber viele stehen laut Albert Peters, Chef des Kreis der deutschen Führungskräfte (KdF) in Barcelona, in den Startlöchern. Zu den möglichen Kandidaten gehören gemäß Zeitungsberichten auch Lidl und Grohe, die dort ihre Spanien-Zentrale haben. „Auch wenn die Unabhängigkeit am Dienstagabend nicht direkt ausgerufen wurde, bleibt das Problem in der Luft. Es ist noch keine Lösung des Konfliktes in Sicht,“ sagt Peters. Seit Jahren verfolgen deutsche Unternehmer in Katalonien mit Sorge die Radikalisierung der Regionalregierung: „Jetzt sind wir jedoch erst einmal erleichtert, dass es nicht zu einer direkten Unabhängigkeitserklärung gekommen ist und weitgehend Ruhe herrscht im Land,“ sagt Peters, der auch Partner der Rechtsanwaltskanzlei Rödl & Partner in Barcelona ist.

Langfristige Folgen der Krise sind schwerwiegend

Spanische Wirtschaftsexperten wie der Professor Roberto Centeno warnen jedoch vor den langfristigen Folgen der andauernden Krise am spanischen und europäischen Finanzmarkt: „Auch wenn die Unabhängigkeit keine legalen Folgen hat, so sind die Reaktionen der Madrider Regierung ein Warnschuss für alle Sparer, die jetzt massiv ihr Geld aus katalanischen Instituten in andere Banken übertragen werden. Groß-Investoren werden aufgrund der andauernden Krise nicht nur Katalonien, sondern auch Spanien verlassen.“

Deswegen versuchen Politiker auf beiden Seiten derzeit mit Ruhe und Besonnenheit Entscheidungen zu treffen, um keine weiteren Panikreaktionen bei Sparern und Unternehmern auszulösen. Derzeit wird über die Aussetzung der Autonomie Kataloniens nachgedacht, die durch die Aktivierung des Verfassungsartikel 155 erfolgen könnte. Wie die Wirtschaft und die Finanzmärkte darauf reagieren werden, bleibt abzuwarten.

Der auf Mallorca ansässige Rechtsanwalt Tim Wirth glaubt zudem, dass die Folgen - egal, wie der Konflikt ausgeht - tiefgehende Konsequenzen für Spanien haben werden: „In Valencia und auf den Balearen freut man sich jetzt natürlich, dass Firmen ihren Sitz dorthin verlegen oder auch in Madrid, aber Katalonien ist das industrielle Herz des Landes. Es ist die stärkste Exportregion. Es macht eigentlich keinen Sinn, dass wegen politischer Konflikte dort ansässige Unternehmen zukünftig von anderswo die Geschicke lenken werden.“

Kataloniens Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland

Politische Krisen treffen Spanien wegen mangelndem Wettbewerb hart

Für den Katalanen Antoni Serra Ramoneda, ehemaliger Chef der Sparkasse Caixa Catalunya, zeigt sich an dieser Krise, wie negativ geringer Wettbewerb im Finanzmarkt ist : „Ländern wie Deutschland, die ihre lokal agierenden Sparkassen noch haben, kann so etwas nicht passieren. Hier ist die Macht verteilt und nicht so konzentriert wie in Spanien.“ Auch wenn Katalonien sich nicht wirklich abtrennen werde, sei der Boykott von katalanischen Produkten im Rest des Landes voll im Gange, glaubt der in Madrid ansässige deutsche Unternehmer Richard Wolf.

Im Internet zirkulieren Alternativlisten für katalanische Marken. Viele kleinere Firmen werde das in den kommenden Monaten in die Pleite treiben, glaubt der Deutsche. Zu den bekanntesten Marken, die unter dem Boykott leiden, gehören der Schaumwein Freixenet und Cordiniu sowie das Edelwasser Vichy Catalan.

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