Katalonien-Krise Puigdemont in Brüssel

Die spanische Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Kataloniens separatistischen Ex-Regierungschef Puigdemont. Ihm drohen bis zu 30 Jahre Haft. Der hat sich nach Brüssel aufgemacht.

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Kataloniens ehemaliger Regionalpräsidenten Carles Puigdemont: abgesetzt und angeklagt. Quelle: dpa

Der wegen Rebellion angeklagte und von der spanischen Zentralregierung abgesetzte Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont, ist nach übereinstimmenden Medienberichten vom Montag nach Belgien gereist. Die Medienberichte kommentierte der Chefkoordinator der Volkspartei (PP) des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, Fernando Martínez Maíllo, mit den Worten: „Ja, das ist anscheinend bestätigt.“ Die Flucht zeuge „von Verzweiflung“, sagte er am Montag vor Journalisten in Madrid. Mit Puigdemont sollen auch einige Minister ausgereist sein.

Am Wochenende hatte Belgiens Staatssekretär für Asyl und Migration, Theo Francken, für Empörung gesorgt, weil er sein Land als möglichen Zufluchtsort für die abgesetzten Politiker ins Spiel brachte. Katalanen, die sich politisch verfolgt fühlten, könnten in Belgien um Asyl ansuchen, sagte der Flame dem flämischen Sender VTM News. Der belgische Premierminister Charles Michel wies ihn laut Nachrichtenagentur Belga zurück: „Ich bitte Theo Francken, kein Öl ins Feuer zu gießen.“

Die spanische Staatsanwaltschaft erhob am Montag Anklage gegen Puigdemont und weitere Angehörige der abgesetzten Regionalregierung. Die Vorwürfe gegen die Angeklagten lauteten unter anderem auf Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder, sagte Generalstaatsanwalt José Manuel Maza am Montag in Madrid.

Die Angeklagten würden als Beschuldigte zu Anhörungen vorgeladen, sagte Maza. Man schließe aufgrund der Schwere der Verbrechen keine Maßnahmen - also Inhaftierung und anschließende U-Haft - aus, betonte er. Die Angeklagten hätten „eine institutionelle Krise verursacht, die mit einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung (durch das katalanische Parlament) geendet“ habe, sagte Maza.

Sollten Puigdemont und die übrigen Angeklagten wegen Auflehnung gegen die Staatsgewalt oder gar Rebellion verurteilt werden, drohen ihnen bis zu 30 Jahre Haft.

Die Regierung von Spaniens konservativem Premierminister Mariano Rajoy hatte die Regionalregierung am Samstag offiziell abgesetzt, nachdem am Freitag das Regionalparlament kurz vor Inkrafttreten der Madrider Zwangsmaßnahmen einen Unabhängigkeitsbeschluss verabschiedet hatte.

Am Montag sollte Madrid die Amtsgeschäfte in Katalonien übernehmen. Die Zwangsverwaltung der wirtschaftsstarken Autonomen Gemeinschaft im Nordosten des Landes soll mindestens bis zur Abhaltung der für den 21. Dezember einberufenen Neuwahlen laufen.

Kataloniens Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland

In einer TV-Rede hatte Puigdemont am Samstag durchblicken lassen, dass er seine Amtsenthebung nicht anerkennt. Der 54-Jährige rief die Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung zum friedlichen „demokratischen“ Widerstand auf und sagte, er wolle weiter für die Gründung eines „freien Landes“ arbeiten. Danach spazierte er in seiner Heimatstadt Girona mit seiner Ehefrau und wurde von Passanten bejubelt.

Neben Puigdemont waren auch die übrigen Mitglieder der Regierung in Barcelona ihrer Ämter enthoben worden. Insgesamt mussten 150 Regierungsmitarbeiter gehen. Auch die beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos d'Esquadra, Pere Soler und Josep Lluís Trapero, wurden abgesetzt. Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido hatte am Sonntag an die nationalen und katalanischen Polizeieinheiten appelliert zu kooperieren, um einen reibungslosen Ablauf der Wahl im Dezember zu gewährleisten.

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