Keine Urlaubs-Selfies mehr? EU-Parlament löst Diskussion aus

Bisher darf in Deutschland jeder Gebäude und öffentliche Skulpturen fotografieren und die Fotos im Netz posten. Ein Vorschlag aus dem EU-Parlament könnte diese Freiheit einschränken.

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Zehn Gründe, warum Selfies nerven
Erster Grund: Sportler zelebrieren Selbstportraits öffentlich und lassen dabei alle Hemmungen fallen. Freude ist ja erlaubt, aber warum muss man sie gleich so festhalten? Quelle: dpa
Zweiter Grund: Andere Promis äffen es nach und plötzlich wird ein Selfie zum Topevent bei den Oscar-Verleihungen und überschattet fast die ganze Veranstaltung. Den Stilbruch begeht hier Bradley Cooper (vorne), indem er ein Bild von sich, Ellen DeGeneres (Mitte, weiße Bluse), Jared Leto (links, fast nicht mehr im Bild), Jennifer Lawrence (rotes Kleid), Meryl Streep (mittig mit Brille), Peter Nyong'o Junior (erste Reihe ganz rechts), Channing Tatum (zweite Reihe ganz links), Julia Roberts, Kevin Spacey, Brad Pitt, Lupita Nyong'o and Angelina Jolie macht. Moderatorin Ellen DeGeneres wollte mit dem Bild einen Rekord brechen und das meist retweetete Bild twittern. Damit ist die öffentliche Promi-Drängelei in der Welt. Quelle: AP
Dritter Grund: Nun macht es den Promis fast jeder x-beliebige Nutzer sozialer Netzwerke nach. Mehr als die Hälfte der Deutschen (54 Prozent) hat schon mal ein Selfie geschossen, wie eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergab. YouGov befragte zwischen im September 2014 insgesamt 1013 Menschen ab 18 Jahren. Quelle: dpa
Vierter Grund: Selfies nerven Deutsche. Selfies sind mittlerweile mehr als ein Trend. Nun gibt es eine Umfrage: Was halten die Deutschen von Selfies? Demnach stimmten 57 Prozent der Befragten der Aussage „Selfies finde ich allgemein nervig“ ganz oder weitestgehend zu. Quelle: REUTERS
Fünfter Grund: Die Selbstbildnisse sind allgegenwärtig. Hier muss sich Bundeskanzlerin Angela Merkel schon bemühen, in die richtige Kamera zu gucken - beherrscht sie die Kunst der zehn parallel geschossenen Selfies? Bei so einem Besuch wie an der Staatlichen Europaschule Robert-Jungk in Wilmersdorf in Berlin wäre das eine nötige Grundkompetenz. Es scheint, es gibt kaum noch jemanden, der kein Selbstbild von sich in sozialen Netzwerken postet. In sozialen Netzwerken sind die Bildnisse quasi das Regelbild. Quelle: dpa
Sechster Grund: Die Selbstbeweihräucherung wirkt abstoßend, umso mehr, wenn Stars wie Wilmer Valderrama alles geben, um die perfekte Pose für ein Selfie mit ihren neuen Gadgets zu finden. Genießt er hier wirklich seinen Kaffee, oder geht es nur um den schönen Schein? Das finden die meisten Menschen, ob in Ost oder West, ob Männer oder Frauen, anbiedernd. Auf Ablehnung stoßen die Porträts vor allem bei Menschen, die älter als 45 sind. Quelle: AP
Siebter Grund: Selfies sind oft peinlich, etwa weil sich die Menschen in die unmöglichsten Posen verdrehen, um auf dem Bild gut zu sehen zu sein. Etwa drei Viertel (76 Prozent) der Deutschen sind zudem der Meinung, dass zu viele Selfies veröffentlicht werden - und 87 Prozent meinen, dass die Selbstporträts „manchmal peinlich“ seien. Hingegen findet nur ein knappes Drittel (31 Prozent) die Schnappschüsse anderer Menschen interessant – was dafür spräche, mit der Veröffentlichung auf Facebook oder bei Twitter etwas sparsamer umzugehen. Quelle: REUTERS

Können Urlauber ihre Fotos vom Eiffelturm, dem Riesenrad London Eye oder der ewig unfertigen Kirche Sagrada Familia in Barcelona künftig nicht mehr einfach so im Internet posten? Diese Sorge treibt die Piraten-Politikerin Julia Reda um. Die 28-Jährige sitzt im Europaparlament und ist dort für die Reform des Urheberrechts zuständig. Die EU will eine veraltete Richtlinie in die digitale Zeit holen, und ein Report von Reda ist die Grundlage für die gemeinsame Position der Parlamentarier.

Die Ausgangslage ist klar. In Deutschland darf man Fotos von Gebäuden und öffentlichen Kunstwerken machen und sie frei verwenden, auch für kommerzielle Produkte wie Kalender oder Postkarten. Das nennt sich Panoramafreiheit. Aber nicht alle EU-Staaten halten es so. In Frankreich beispielsweise gibt es keine generelle Panoramafreiheit. Reda wollte das ändern und die Verwendung von Umgebungsfotos in allen Mitgliedsstaaten erlauben.

So entspannen Deutschlands Manager
Wolfgang Otto, Gründer des Otto Gourmet Versandhandels"Zehn Tage unrasiert, beim Sonnenschein im Liegestuhl an der frischen Luft in den Bergen - da erhole ich mich am besten!"
Oliver Bolay, Geschäftsführer bei E wie einfach"Erholung heißt für mich, morgens am Rhein entlang dem Dom und dem Tag entgegenzuradeln. Die Nähe zum Wasser, der Wind und die Ruhe in Mitten der Großstadt entschleunigen den Alltag und machen den Kopf frei."
Arno Walter, Bereichsvorstand Privat- und Geschäftskunden bei der Commerzbank"Ich entspanne am Besten bei Musik. Dabei spielt meine Stimmung eine große Rolle für die Auswahl der Stilrichtung. Von Klassik über Pop bis hin zu Rock und anderen Musikrichtungen ist alles möglich. Und auch wenn ich immer noch gerne CD's kaufe, beginnt - dank MP3 - die Entspannung meistens schon im Auto bei der Heimfahrt."
Dickjan Poppema, Chef der Düsseldorfer Networkagentur Grey"Am liebsten erhole ich mich in der Provence, keine Frage. Aber zuhause ist es auch richtig schön. Die Engländer nennen das 'Staycation', und in der Tat erholt man sich zuhause super. Die lange Anreise entfällt und wenn das Wetter mitspielt und der Sohnemann grillt, ist alles gut."
Stefan Brok, Aral-Vorstandschef"Ich kann hervorragend entspannen am und im Meer, am liebsten beim Tauchen mit meinen Töchtern!"
Frank Behrendt, Vorstand fischerAppelt AG"Am besten kann ich mich im Fußballstadion entspannen und abschalten. Handy aus, Atmosphäre an. Ob in Duisburg die Zebras jubeln oder der Betzenberg rockt- da mittendrin zu sein ist für mich Entspannung pur. Meine Frau und meine drei Kinder habe ich inzwischen auch schon angesteckt. So fiebern wir oft zu fünft am Wochenende in der Arena mit und haben gemeinsam Spaß abseits des Jobs."
Harald Wohlfahrt, meitstgekürter deutscher Koch"Mit der Enkeltochter auf Balkonien ist Relaxen pur. Gemeinsam lachen und die knappe Zeit sinnvoll genießen."

Doch ihr Vorstoß ging nach hinten los. Ihr Parlamentskollege Jean-Marie Cavada von den Liberalen legte einen Gegenvorschlag vor. Die Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen im Rechtsausschuss stimmten seiner Version zu. Mit ihrer Mehrheit fordern sie: Wer Fotos oder Videos von fest installierter Kunst und öffentlichen Gebäuden gewerblich nutzen will, braucht dafür die Einwilligung der Urheber.

Nun hagelt es Kritik. Für jedes Bild eine Genehmigung einzuholen sei „ein unmögliches Unterfangen“, schreibt der Fotografenverband Freelens alarmiert. „Das kann das Ende der professionellen Fotografie im öffentlichen Raum bedeuten.“ Der Verband fürchtet ebenso wie Piratin Reda, dass nicht nur Profi-Fotografen von einer solche Regelung betroffen wären.

Reda warnt, „dass du (...) für jedes deiner Urlaubsfotos prüfen müsstest, ob es ein Gebäude oder öffentliches Kunstwerk zeigt, ob dieses Werk urheberrechtlich geschützt ist“. Erst dann dürfte man die Fotos auf Plattformen wie Facebook hochladen. Denn diese Seiten sicherten sich die kommerzielle Verwendung der Nutzerbilder zu. Die Einschränkung „würde also Millionen von Europäerinnen und Europäerin in Konflikt mit dem Urheberrecht bringen“, sieht Reda voraus.

Ganz so dramatisch ist es allerdings nicht. Denn die Facebook-Regeln dienen vor allem dem Zweck, dass das Netzwerk die Bilder selbst weiterverarbeiten kann, um sie anderen Nutzern anzuzeigen. „Wie die Plattformen darauf reagieren würden, wenn Bilder von öffentlichen Orten leichter Urheberrechte verletzen würden, bleibt offen“, schreibt die Fachseite für Internet-Recht iRights.info.

Auch das Büro des Abgeordneten Cavada beteuert, es gehe nicht um die Verfolgung regulärer Internetnutzer. „Herr Cavada hatte nie das Ziel, Nutzer zur Kasse zu bitten oder ihre Freiheit im Internet einzuschränken.“ Es gehe um eine faire Entlohnung für Künstler durch Plattformen wie Facebook, Instagram oder Flickr.

Doch auch das freie Online-Lexikon Wikipedia fürchtet negative Auswirkungen. „Das würde die Freiheit, die seit 100 Jahren besteht, einschränken“, sagt Dimitar Dimitrov. Er ist zwei Jahren in Brüssel für die Stiftung Wikimedia unterwegs, die die Wikipedia und andere Projekte unterstützt. Die Wikipedia allein verfügt über tausende Fotos von öffentlichen Gebäuden und Kunstwerken. In einer Protestaktion schwärzten Wikipedia-Schreiber Fotos des Louvre oder der Elbphilharmonie. Sie fordern einen Erhalt der Panoramafreiheit.

Denn selbst Einschränkungen, die nur für gewerbliche Nutzung gelten, „schaffen eine extrem große Rechtsunsicherheit“, sagt Wikimedianer Dimitrov. „Damit haben wir seit zehn Jahren Erfahrung.“ Was als gewerblich gilt, ist im Internet manchmal nicht leicht zu bestimmen. „Das sind nicht nur die großen Plattformen, sondern auch ein Blog, das nur Werbung schaltet, um seine Betriebskosten zu decken“, sagt er.

Auch Michael Hirschler vom Deutschen Journalisten-Verband sieht die drohenden Streitigkeiten. „In Deutschland würde das wahrscheinlich sofort zu Problemen führen“, sagt er. Schließlich gebe es hier ein reges Abmahnwesen, bei dem Nutzer für Urheberrechtsverletzungen belangt werden. „Deswegen ist die Sorge davor auch besonders groß.“ Den Schaden für Fotografen „haben die Abgeordneten einfach nicht bedacht“.

Hirschler hofft, dass die Passage noch einmal geändert oder ganz gestrichen wird. Dafür kämpfen auch die Fotografen und Wikipedianer. Tausende haben auf Wikipedia einen offenen Brief unterzeichnet, eine Online-Petition verzeichnet fast 30.000 Unterschriften.

Die beliebtesten Reiseziele der Deutschen
Platz 10: Dubrovnik (Kroatien)Platz 10 der beliebtesten Reiseziele der Deutschen geht an Dubrovnik im Süden Kroatiens. Die Küstenstadt steht auf der Liste der UNESCO-Kulturerben und verfügt neben einer wunderschönen Altstadt über eines der ältesten kommunalen Theater Europas. Außerdem entstanden Szenen der TV-Serie Game of Thrones in Dubrovnik. Die Stadt wird als Drehort für Königsmund und die Wüstenstadt Qarth genutzt.Quelle: Das Reiseportal trivago hat die beliebtesten Sommerreiseziele im Ausland anhand der Suchabfragen von Januar bis Juni 2015 ermittelt. Quelle: Heiko Hilbert
Platz 9: Side (Türkei)Side, 75 Kilometer östlich von Antalya gelegen, schafft es in die Top Ten der beliebtesten Sommerreiseziele der Deutschen. Die Tatsache, dass die Sonne hier 300 Tage im Jahr scheint, ist ein entscheidendes Argument für diese türkische Destination. Doch auch der Fischerhafen und die antike Altstadt haben einiges zu bieten. Quelle: gototurkey.co.uk
Platz 8: Poreč (Kroatien)Auch die Küstenstadt an der Westküste Istriens ist beliebt bei deutschen Sommerurlaubern. Kirchliche Bauten und Küstenlandschaften laden zum Erkunden ein. Poreč landet auf Platz acht im Ranking. Quelle: Ivo Pervan - Kroatische Zentrale für Tourismus
Platz 7: Bibione (Italien)Im Herzen von Venetien zieht der Stadtteil von San Michele al Tagliamento in der Badesaison zwischen Mai und September vor allem Urlaubsfreudige aus Deutschland und Österreich an. Insgesamt verfügt das auf Tourismus ausgerichtet Bibione über etwa 100.000 Unterkünfte. Platz sieben im Ranking. Quelle: Bibione Live
Platz 6: Antalya (Türkei)Die türkische Küstenstadt Antalya wartet neben Temperaturen über 30 Grad und weißen Stränden auch mit einer antiken Altstadt und einem vielfältigen Kulturangebot auf. Hier wird beispielsweise das größte Filmfestival der Türkei ausgetragen. Quelle: gototurkey.co.uk
Platz 5: Bardolino (Italien)Auch Bardolino ist beliebt bei deutschen Urlaubern. In dem Ranking landet der malerische Ort am Gardasee auf Platz fünf. Vor allem der Yachthafen lädt zum Verweilen und Träumen ein. Quelle: gardaseeinformation.it
Platz 4: Lido de Jesolo (Italien)Auch der vierte Platz geht an Italien. Nach einer Unterkunft am Strand der Kleinstadt Jesolo hielten etliche Nutzer des Reiseportals zwischen Januar und Juni dieses Jahr Ausschau. Der Ferienort lädt zu ausgiebigen Museumsbesuchen ein. Wasservergnügungsparks sorgen für erfrischende Unterhaltung. Quelle: Hotel Adriatic Palace

Es ist aber ohnehin noch ein langer Weg, bis eine solche Regelung tatsächlich EU-Recht werden könnte. Das EU-Parlament will am 9. Juli über den Vorschlag abstimmen. Damit hätten zunächst nur die Abgeordneten ihre Position festgezurrt. Der eigentliche Vorschlag für ein neues Gesetz (EU-Richtlinie) kommt von der Kommission. Er wird im Herbst erwartet. Darüber verhandeln dann das Parlament und die EU-Staaten, am Ende müssen sich beide einigen.

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