Jean-Pierre Remmele, Bürgermeister des Örtchens Bonnet, zählt zu denjenigen, die sich dem Geldsegen verweigert haben. Anfangs zumindest. „Wir wollen nicht, dass der Atommüll hier vergraben wird. Das bedeutet, dass bei uns 98 Prozent der Radioaktivität der gefährlichsten Abfälle konzentriert werden“, poltert der Gemeindevorsteher. Als die Agentur für Atommüll Ende 2009 in der Nähe des derzeitigen Labors die 30-Quadratkilometer-Zone festlegte, in der das Endlager entstehen soll, stimmte Bonnet als einzige der vier betroffenen Gemeinden einstimmig dagegen.
„Dann haben sie ihre Hunde auf mich losgelassen“, sagt Remmele. Der Präfekt habe ihn zu einem mahnenden Gespräch einbestellt. „Ein Teil der Gemeinderatsmitglieder hat sich nach einem Besuch des Labors umstimmen lassen. Danach hatte ich keine Wahl mehr“, meint Remmele resigniert. Die Atommüllbehörde bot ihm an, die marode Trinkwasserversorgung instand zu setzen. Die frühere Chefin des Atomkonzerns Areva, Anne Lauvergeon, reiste an und ließ sich vom Bürgermeister durch die Dorfkirche führen, die er so gerne abends beleuchten würde.
Aus dem „Fonds zur finanziellen Begleitung“ erhält er nun für jeden seiner 200 Einwohner jährlich 500 Euro. „Ich nehme das Geld ja nicht für mich an, es geht direkt in den Haushalt“, rechtfertigt er sich. „Außerdem gibt es hier ja sonst kaum noch Arbeitsplätze.“ Und gegenüber seines Rathauses erstrahlt die trutzige Kirche Saint-Florentin jetzt allabendlich im warmen Licht neuer Scheinwerfer.
Aussichtslose Debatten
Anfang 2013 ist in Frankreich zwar eine öffentliche Diskussion über das Endlager geplant, organisiert von einer nationalen Kommission. Der genaue Ablauf steht noch nicht fest, aber viel zu entscheiden gibt es ohnehin nicht mehr. Zudem ist die Regierung nicht verpflichtet, die Ergebnisse der Debatte zu berücksichtigen. Der Baubeginn für das Endlager ist für 2017 vorgesehen. 2025 sollen die ersten Stahlbehälter mit Atommüll eintreffen. Bis dahin wird der strahlende Abfall in Glas eingegossen und in der atomaren Wiederaufbereitungsanlage La Hague gelagert.
Unterdessen führt die Subventionsschlacht der Anliegergemeinden zu immer neuen Absurditäten. Da das Endlager im Departement Haute-Marne liegen soll, aber das benachbarte Meuse ebenfalls profitieren möchte, hat man eine schildbürgerwürdige Lösung gefunden: Die Atommüllbehälter sollen nicht durch einen Schacht ins Endlager hinuntergelassen werden. Stattdessen ist nun eine fünf Kilometer lange Rampe geplant, deren Zugang – was für ein Zufall – auf dem Gelände des Departements Meuse liegt.