Korruption in Griechenland Der mühsame Wettlauf mit der griechischen Justiz

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"Das Problem ist die Justiz"

Anfeindungen und Widerstände ist der Mann gewohnt. Fast scheint es ihm Freude zu bereiten, wenn er von seinen Entdeckungen in den Untiefen der griechischen Bürokratie erzählt. Lachend erzählt er etwa von jenem Beamten, der in einem der Mauthäuschen auf der Autobahn seinen Dienst versah und zwischen dem Öffnen der Schranken und dem Ausgeben der Autobahntickets einen Nebenverdienst entdeckte: Weil viele der Autofahrer den Beleg nicht entgegennahmen, sammelte der Beamte die Tickets. Wenn nun andere Beamte kamen und ein Ticket wollten, bot er ihnen einen Deal an: Er verkaufte die gesammelten Tickets, womit die Beamten einen Beweis für ihre Dienstfahrt hatten – die sie dann freilich nie antraten, aber abrechnen konnten.

Doch auch weitreichende Fälle von Korruption deckte Rakintzis auf. Etwa ein Netzwerk von Ärzten, die Schönheitsoperationen als Notfälle deklarierten und über die Krankenkasse abrechneten. Vor großen Namen schreckt Rakintzis nicht zurück. Auch mit dem staatlichen Energieunternehmen DEI und Ministern legte er sich bereits an. Doch nicht immer erreicht Rakintzis mit seinen Berichten an die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung. „Das Problem“, sagt Rakintzis, „ist die Justiz. Viele Verfahren werden so lange verschleppt, bis sie verjährt sind.“

Beim Verkauf deutscher Panzerhaubitzen nach Griechenland 2001 soll Bestechungsgeld geflossen sein. Einem Ex-Manager des Panzerbauers KMW wird vorgeworfen, sich dabei bereichert zu haben. Nun beginnt der Prozess.

Von den Parteien erwartet Rakintzis keine Verbesserung des Rechtswesens. „Es ist letztlich ganz gleich, wer regiert. Lösen kann das Problem der ineffizienten Justiz nur die Justiz selbst.“ Dabei würden schon kleine Verbesserungen viel bewirken: „Der Athener Gerichtshof hat von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Es würde das Rechtswesen schon schneller machen, wenn er zumindest bis 17 Uhr offen hätte.“

Der Korruptionsbekämpfer muss es wissen: 38 Jahre arbeitete Rakintzis als Richter, zuletzt als Verfassungsrichter am Obersten Gerichtshof, dem Areopag. Hürden haben ihm die Mächtigen schon damals in den Weg gelegt. Als er 1994 kurz davor stand, einen Minister zu verurteilen, wurde kurzfristig das Gesetz geändert, und der Angeklagte ging frei.

Vielleicht waren es diese Kränkungen aus seiner Richterzeit, die Rakintzis noch heute befeuern. „In dieser Funktion kann ich etwas für die Allgemeinheit erreichen, und ich habe hier die Macht, Dinge zu verändern“, sagt er. Seine Mitarbeiter sind geradezu stolz auf ihren Chef. Einer der Inspektoren erzählt, dass kaum jemand in Griechenland den Namen der Behörde wüsste. „Ich sage dann einfach, dass ich für den Dicken aus dem Fernsehen arbeite.“ Die Leute seien dann meist sehr freundlich zu ihm.

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