Nach Anschlag in Manchester Polizei geht von Netzwerk rund um Attentäter aus

Terror-Ermittler sind sich sicher: Der Attentäter von Manchester war Teil eines Netzwerks. Salman Abedi war dem Geheimdienst bekannt. Nun gilt erstmals seit einem Jahrzehnt in Großbritannien die höchste Terrorwarnstufe.

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Trump nennt Attentäter von Manchester "Loser"
US-Präsident Donald Trump hat den Anschlag von Manchester auf das Schärfste verurteilt. Seine Gedanken seien bei den Getöteten und Verletzten, sagte Trump am Dienstag in Bethlehem. "Wir stehen in vollkommener Solidarität an der Seite Großbritanniens." "So viele junge Menschen sind von bösartigen Verlierern ermordet worden", sagte Trump. "Ich werde sie nicht 'Monster' nennen, denn das würden sie mögen, diesen Namen würden sie mögen. Ich werde sie von jetzt an 'Loser' nennen, denn das ist es, was sie sind." Die Gesellschaft könne keine Unterstützung bieten für Terrorismus und für Blutvergießen, sagte Trump. Manchester sei eine Attacke gegen so viele unschuldige Kinder gewesen. Die Unterstützung des Terrors müsse ausgerottet werden. "Diese kranke Ideologie muss verschwinden", sagte Trump. Bei einem Besuch in Bethlehem kündigte er an, für die Menschen von Manchester zu beten, und sprach sein tiefes Mitgefühl aus. Quelle: REUTERS
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas Quelle: AP
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Quelle: dpa
Bundeskanzlerin Angela Merkel Quelle: AP
Die britische Premierministerin Theresa May sagte nach dem verheerenden Anschlag auf das Publikum eines Popkonzerts in Manchester: „All unsere Gedanken sind bei den Opfern und den Familien von allen, die betroffen sind.“ Sie sprach von einem widerwärtigen und feigen Angriff, der mit „kalter Berechnung“ auf die jüngsten Menschen des Landes gezielt habe. Quelle: dpa
Die britische Königin Elisabeth II. sagte zu dem Selbstmordanschlag in Manchester, die ganze Nation sei über die vielen getöteten und verletzten Menschen schockiert. Quelle: dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Quelle: REUTERS

Hinter dem blutigen Anschlag von Manchester mit 22 Todesopfern steckt offensichtlich ein ganzes Terrornetzwerk. Die britischen Ermittler gehen inzwischen eindeutig von einer Gruppe rund um den Attentäter Salman Abedi aus. „Ich glaube, es ist ganz klar, dass es sich um ein Netzwerk handelt, dem wir nachgehen“, sagte der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, am Mittwoch.

Zuvor hatten bereits die britische Premierministerin Theresa May und Innenministerin Amber Rudd Andeutungen in diese Richtung gemacht - jedoch nicht in dieser Deutlichkeit. May hatte am Dienstag mit Blick auf die Ermittlungen betont, dass eine größere Gruppe von Personen hinter der Tat in Manchester mit 22 Todesopfern stecken könnte. Rudd sagte, es sei „wahrscheinlich“, dass der Attentäter nicht allein gehandelt habe.

Großbritannien rief erstmals seit 2007 die höchste Terrorwarnstufe aus. Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte nach dem Anschlag behauptet, der Täter sei ein „Soldat“ des IS gewesen. Innenministerin Rudd betonte dagegen, eine Verbindung zum Islamischen Staat sei nicht bewiesen.

Große Terroranschläge in Europa

Die Ermittler machen den 22 Jahre alten Salman Abedi für den Anschlag auf das Popkonzert der US-Sängerin Ariana Grande verantwortlich. Abedi war bei der Attacke ums Leben gekommen und hatte 22 Menschen in den Tod gerissen. Seitdem hat die Polizei in Verbindung mit dem Attentat fünf Männer festgenommen. Details zu ihnen nannte Hopkins nicht, einer der Festgenommenen soll aber Bruder des Attentäters sein.

Abedi, Brite libyscher Herkunft, habe sich „nach einer Reise nach Libyen und dann wahrscheinlich nach Syrien radikalisiert“, sagte Collomb dem Sender BFMTV. Verbindungen zum IS seien „erwiesen“. Der 22-Jährige war dem britischen Geheimdienst bekannt, wie Innenministerin Rudd sagte. Medienberichten zufolge ist Abedi 1994 in Manchester geboren worden und hat in der nordenglischen Stadt studiert. Seine Familie soll sehr religiös gewesen sein und sich in einer Moschee der Stadt engagiert haben. Einige Familienmitglieder sollen kürzlich nach Libyen zurückgekehrt sein.

Abedi hatte am Montagabend einen selbstgebauten Sprengsatz gezündet. Dutzende wurden verletzt, unter den Toten sind viele Kinder und Jugendliche. Das bisher jüngste bekannte Todesopfer ist ein achtjähriges Mädchen. Deutsche sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung nicht unter den Opfern.

Am zweiten Tag nach dem Anschlag waren nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörden noch 20 Menschen in kritischem Zustand. Einem deutschen Arzt zufolge, der in Manchester arbeitet, enthielt die Bombe Nägel. Etliche Opfer hätten auch Schädel-Hirn-Verletzungen, sagte der Neurologe Stefan Schumacher dem Südwestrundfunk (SWR).

Durch die höchste Terrorwarnstufe erhält die Polizei nun Hilfe vom Militär. Laut Regierung werden derzeit knapp 1000 militärische Kräfte zur Unterstützung der Polizei eingesetzt.

Der weltberühmte Wachwechsel vor dem Buckingham-Palast wurde für Mittwoch abgesagt, um Personal für anderen Aufgaben freizustellen. Aus Respekt vor den Opfern sagte der FC Chelsea seine geplante Siegesparade zum Gewinn der englischen Fußballmeisterschaft ab. Angesichts der Ereignisse sei es unangemessen, die Parade wie geplant am Sonntag in London zu veranstalten. Man wolle nicht wichtige Sicherheitsressourcen binden durch ein weiteres Großereignis.

In einem Kondolenzschreiben an Großbritanniens Innenministerin Theresa May zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel beeindruckt von den Gesten der Mitmenschlichkeit in Manchester, wo viele Bürger den Opfern geholfen hatten. Die Kanzlerin trug sich ebenso wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der britischen Botschaft in Berlin in das Kondolenzbuch für die Opfer des Terroranschlags ein.

Wegen des Terrorakts ist die Berliner Polizei beim Evangelischen Kirchentag und dem DFB-Pokalendspiel am Wochenende besonders wachsam. Die Sicherheitsvorkehrungen sind deutlich schärfer als bei früheren Kirchentagen.

Der Anschlag vom Montag war der schwerste in Großbritannien seit 2005, als Attentäter in der Londoner U-Bahn und in einem Bus insgesamt 56 Menschen getötet und mehr als 700 verletzt hatten.

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