Markus C. Kerber "Die Bundesbank muss sich gegen die EZB wehren"

Bundesbank-Chef Jens Weidmann ist verpflichtet, die Durchführung künftiger Anleihekäufe abzulehnen, sagt der Finanzwissenschaftler Markus Kerber. Es gehe darum, deutsches Vermögen zu schützen.

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Bundesbank-Chef Jens Weidmann Quelle: dpa

Seit dem Ausbruch der Griechenlandkrise 2010 weicht Deutschland vor den Forderungen seiner Partner zurück. Erst nur eine bilaterale Ausnahmelösung zugunsten der Hellenischen Republik, dann ein dreijähriger Rettungsschirm und nunmehr ein ewiger Rettungsschirm, der – obschon noch gar nicht aufgespannt – von den Schuldnerländern schon als unzureichend qualifiziert wird. Parallel dazu versucht die Europäische Zentralbank (EZB), Anleihekäufe im großen Stil politisch akzeptabel zu machen, flutet die Banken mit Zentralbankgeld und verwässert systematisch die Anforderungen an Sicherheiten.

Wie konnte es dazu kommen, dass sich mit deutscher Zustimmung die EWU so weit vom Maastricht-Modell entfernte und fortfährt, unter politischer Führung und Erpressung durch jene Länder, deren wirtschaftliche Situation diese Krise veranlasst hat, das ordnungspolitische Maastricht-Modell vollständig aus den Angeln zu heben, ohne jedoch absehbar die Euro-Zone zu stabilisieren? Aus Frankreich hört man, die Lücken im Maastricht-System würden lediglich gestopft. Nun würde nachgeholt, was 1991 übersehen wurde.

Von europäischer Schuld und Solidarität

Markus C. Kerber Quelle: dapd

So jedenfalls die propagandistischen Bemühungen, um Deutschland seine Niederlage schmackhaft zu machen. Wer zögert, dem eigenen Untergang Beifall zu spenden, wird unter Hinweis auf die von Deutschland "durch den Euro erlangten Vorteile" und seine eurogeschuldete Solidarität ermahnt, den Kopf nicht zu betätigen, sondern das Haupt zu senken und sich als "guter Europäer" seinem Schicksal zu fügen.

Spannender, als diesem Ratschlag zu folgen, ist indessen die Frage, warum die Deutsche Bundesbank diesen Prozess nicht hat aufhalten können, obwohl sie nach ihrer Aufgabe und ihrer Kompetenz hierzu befugt und verpflichtet gewesen wäre. Der Verfall der Bundesbank ist – nicht erst in jüngster Vergangenheit – mit Händen zu greifen. Die Bundesbank hat zusammen mit den Niederlanden und Luxemburg stets gegen die Überschreitung des geldpolitischen Mandats der EZB gestimmt, um dann die Anleihekäufe geflissentlich so durchzuführen, als sei sie der Gehilfe des jeweiligen EZB-Präsidenten.

Die Bundesbank hat sich immer der EZB gebeugt

Von der rezenten Weigerung, griechische Staatspapiere als Kollateral zu akzeptieren, abgesehen, hat die Bundesbank loyal zum jeweiligen EZB-Präsidenten und gegen die eigene Überzeugung das Gros der Risiken aus der mandatslosen Operation der EZB in die eigenen Bücher genommen und wird die fiskalischen Folgen dem Steuerzahler auftischen müssen. Dieses widersprüchliche Verhalten einer Institution, die sich als Treuhänder der Bürger bei der Verteidigung von Geld und Währung ansieht, verlangt nach einer Erklärung. Sind etwa die politisch-normativen Konzepte, auf denen die Bundesbank beruht, nur im Rahmen des Verfassungs- und Institutionsgefüges der Bundesrepublik Deutschland effizient, indes in Auseinandersetzung mit europäischen Partnerländern der Gefahr ausgesetzt zu scheitern?

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