Mitgliederentscheid FDP-Basis versagt die Stimme

Seite 2/3

Plan der Rebellen

Das Duell zwischen Philipp Rösler und Frank Schäffler besuchten gerade mal 150 Zuhörer. Quelle: dpa

Die ratlose Offenheit Ackermanns macht es dem Generalsekretär leicht. „Wir sprengen das alles, wir legen Dynamitstangen rein“, beschreibt Lindner den Plan der Rebellen. Dann kollabierten die Finanzmärkte. Die Staaten Europas müssten aber im nächsten Jahr 1500 Milliarden Euro umschulden.

„Oh Gott“, tönt es entsetzt aus den Reihen. „Wo soll das Geld denn herkommen“, wenn die Investoren nach einem Griechen-Kollaps streiken? „Wer würde noch eine italienische Anleihe kaufen? Hand hoch! Ich nicht!“ Eloquent zaubert Lindner unter dem Geweih eines Zehnenders „kaskadierende Staatsbankrottfälle“ in die Forsthausstube, aber auch Fragezeichen in die Gesichter der Zuhörer. Nur mit den Brandmauern der aktuellen Regierungspolitik ließe sich die „realwirtschaftliche Anpassung vornehmen“.

Der Erfolg der Aufklärung ist dennoch begrenzt. „Sehr schwierig“ findet einer der Zuhörer die Materie. Der Herr schräg gegenüber mutmaßt, dass „beide Rezepte nicht greifen“. Ein Herr Krömer ruft von hinten scherzhaft, er sei „bald wieder für die Monarchie, die ist billiger“. Aber immerhin kann Lindner mit seiner flotten Art punkten. „Die anderen wollen ja diesen Fonds“, sagt eine ältere Dame in völliger Verkennung der wahren Positionen. „Da hat mir der Lindner schon besser gefallen.“ Dann wenden sich die Liberalen der Zahlungsmoral öffentlicher Auftraggeber zu, den ausufernden Subventionen, schließlich dem Wildschwein mit Pflaumen.

Zu kompliziert

So ein kompliziertes Thema – ganz abgesehen von der finanziellen und europapolitischen Tragweite – eignet sich vielleicht doch nicht für die direkte Demokratie. In den vergangenen zwei Wochen hat der Zulauf zu den FDP-Veranstaltungen deutlich nachgelassen. „Viele Leute sagen: Das ist so kompliziert, wir verstehen es nicht, wir stimmen nicht ab“, berichtet Gabriele Heise, die Generalsekretärin im Landesverband Baden-Württemberg.

Selbst in Stuttgart, seit der Bahnhofsabstimmung heimliche Hauptstadt des Plebiszits, läuft es ähnlich. Vielleicht ermattet vom Schienenstreit, sind Dienstag vergangener Woche gerade mal 150 Zuhörer ins Le-Meridien-Hotel gekommen, obwohl hier das ultimative Duell steigt. Der Parteivorsitzende Philipp Rösler gegen Frank Schäffler, den Initiator des Mitgliederentscheids. Viele Termine kann Rösler wegen seiner Ministerbelastung nicht ableisten, aber gar kein Disput mit Schäffler – das wollte und konnte er nicht machen. Seine persönlich-politische Zukunft ist mit dem Ausgang des FDP-Referendums verknüpft.

Doch erstaunlich „emotionslos“, so werten es später die Kontrahenten intern, läuft die Debatte. Die Fragen sind sachlich und fast alle freundlich vorgetragen; dass Sparer angesichts niedriger Zinsen heute schon durch die Inflation enteignet werden, empört nicht einmal den Fragesteller.

Schäffler geißelt ohne Eifern den „kollektiven Rechtsbruch“, mit dem die Euro-Länder Maastricht-Kriterien und No-Bail-out-Klausel ruiniert hätten. Dass Standard & Poor’s just am Morgen Deutschlands Rating infrage gestellt hat, schlachtet er nicht aus. Dafür greift er tief in die Geschichte und zitiert Lenin: „Um die bürgerliche Gesellschaft zu zerstören, muss man ihr Geldwesen verwüsten.“ Das, warnt Schäffler, „sollten wir Liberale nicht mitmachen. Wir müssen jetzt klare Kante zeigen.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%