Moody´s-Warnung Deutschland muss nun handeln

Die Ratingagentur senkt den Ausblick für Deutschlands Bewertung auf negativ. Deutschland muss dadurch nicht in Panik verfallen – aber die nötigen Konsequenzen ziehen.

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Sicherer Hafen Deutschland
Die Deutsche Bank in Frankfurt am Main Quelle: dpa
Das Schild einer Commerzbank-Filiale mit Logo hängt unweit der Zentrale der Commerzbank in Frankfurt am Main Quelle: dpa
Mitarbeiter der Sparkasse schauen in Kordel bei Trier in die Fluten Quelle: dpa
"LBBW" steht in Stuttgart auf einem Schild vor der Landesbank Baden-Wuerttemberg Quelle: dapd
Ein Volksbanken-Raiffeisenbanken-Schild Quelle: dpa
DZ-Bank Quelle: REUTERS
ING Quelle: REUTERS

Angesichts der anhaltenden Schuldenkrise in der Eurozone droht nun auch Deutschland – einer der letzten vier Top-Schuldner der Euro-Zone – eine Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit. Die Ratingagentur Moody's senkte den Ausblick für die Bundesrepublik von „stabil“ auf „negativ“. Damit droht Deutschland mittelfristig der Entzug des bisherigen Spitzenratings.

Wie plausibel ist die Entscheidung der amerikanischen Ratingagentur? Droht Deutschland wirklich seinen Status als sicherer Hafen zu verlieren?

Fragen und Antworten zur Kreditwürdigkeit

Moody’s begründet seine Entscheidung mit der höheren Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland aus dem Euro ausscheidet und das Länder wie Spanien und Italien Milliardenhilfe brauchen. Wahr ist, dass die Bundesrepublik in der Schuldenkrise Risiken eingeht, die den deutschen Haushalt schwer belasten können. Eine Pleite Griechenlands allerdings wäre für die Euro-Zone wie für den deutschen Haushalt verkraftbar, ein Euro-Aus des Landes billiger als die dauerhafte Subventionierung der Griechen.

Sollte Griechenland innerhalb der Währungsgemeinschaft unkontrolliert in die Insolvenz rauschen, gehen Deutschland bis zu 80 Milliarden Euro verloren. Nur wenn Griechenland die Euro-Zone verlässt, kann es abwerten, wettbewerbsfähig werden und überhaupt etwas von den Krediten zurückzahlen. Jeden Tag, den man wartet, steigen die Verluste. Deutschland muss nun die nötigen Konsequenzen ziehen – seiner selbst willen.

Ratingagenturen ABC

Dass Griechenland die Euro-Zone Sobald der dauerhafte Rettungsschirm ESM in Kraft tritt – zunächst muss das Bundesverfassungsgericht ein Urteil sprechen –, ist die Ansteckungsgefahr auf andere Krisenstaaten zu vernachlässigen. Der ESM hat ausreichend Mittel, um ein Überschwappen der Krise auf weitere südeuropäische Sorgenkinder zu verhindern. Hinzu kommt: Griechenland hat im Frühjahr 2012 schon eine Teilinsolvenz hingelegt. Panik an den Märkten ist nicht ausgebrochen. Die Euro-Schuldenländer konnten sich zu ähnlichen (hohen) Renditen Geld leihen wie zuvor.

Moody’s lässt diese Argumente außer Acht und beharrt auf seiner Position, ein Griechenland-Kollaps käme der Euro-Zone teuer zu stehen. Die Fakten sprechen gegen die Ratingagentur.

Von Italien geht die wirkliche Gefahr aus

Anders verhält es sich mit Spanien und Italien. Für den maroden Bankensektor haben die Euro-Finanzminister schon Hilfen in Höhe von 100 Milliarden Euro versprochen. Erste Regionen sind de facto pleite. In Italien lahmt ebenfalls die Wirtschaft, Premierminister Mario Monti, der gut ins Amt gestartet ist, hat zunehmend Schwierigkeiten, wichtige Reformen durchzusetzen. Die Folge: Die Zinsen für spanische Staatsanleihen und italienische Staatsanleihen sind inzwischen auf 7,5 bzw. knapp 6,5 Prozent gestiegen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Warnung Recht, Deutschland droht sich zu überfordern, wenn auch große Volkswirtschaften wie Spanien und Italien gestützt werden müssen. Für Spanien plus Italien ist kein Platz unter den Rettungsschirmen. Fallen Stützen wie Italien oder Frankreich ist die Euro-Zone am Ende und Deutschland mit seinem Haftungsanteil von knapp 300 Milliarden Euro schwer getroffen.

So verschuldet sind die Euro-Länder

Wenn dieses Szenario vom Horrorszenario zur Realität wird, ist eine Abstufung des deutschen Ratings berechtigt. Doch ist es schon so weit?

Braucht etwa Italien also aufgrund der hohen Zinslast Hilfe des Rettungsschirms? Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von Ende 2011 kommt zu einem anderen Schluss. Demnach könne sich Italien selbst bei einem zeitweiligen Zinssatz von neun Prozent für zehnjährige Anleihen noch selbst finanzieren.

Denn: Der Wert für alte Schulden ändert sich nicht. Renditeforderungen von sechs bis sieben Prozent, wie sie der Kapitalmarkt von Italien derzeit verlangt, werden nur für Schulden fällig, die Italien ab sofort aufnimmt.

Bis 2015 muss die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt rund 750 Milliarden Euro an alten Schulden tilgen und durch neue ersetzen. Das gilt – etwa im Vergleich zu Griechenland – als sehr viel. Doch: „Der Durchschnittszins erhöht sich nur nach und nach. Bis 2015 wird noch nicht einmal die Hälfte des Schuldenstandes von 1,9 Billionen Euro umgewälzt“, sagt IW-Ökonom Jürgen Matthes.

In Modellrechnungen zeigt er, dass sich der Durchschnittswert bei einem aktuellen Zinssatz von sieben Prozent bis 2015 gerade einmal auf 5,3 Prozent erhöht. Italien hat also noch Spielraum, doch das Zeitfenster, endlich die Wende zu schaffen, schließt sich. Deutschland muss den Druck erhöhen, dass die Euro-Pleiteländer schneller und schonungsloser als bisher Reformen umzusetzen.

Fazit: Moody’s Ankündigung, Deutschlands Rating mit einem negativen Rating auszustatten, ist verfrüht und in weiten Teilen nicht schlüssig. Für Deutschland sollte es dennoch eine Warnung sein – und das Land ermutigen, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.

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