Anders verhält es sich mit Spanien und Italien. Für den maroden Bankensektor haben die Euro-Finanzminister schon Hilfen in Höhe von 100 Milliarden Euro versprochen. Erste Regionen sind de facto pleite. In Italien lahmt ebenfalls die Wirtschaft, Premierminister Mario Monti, der gut ins Amt gestartet ist, hat zunehmend Schwierigkeiten, wichtige Reformen durchzusetzen. Die Folge: Die Zinsen für spanische Staatsanleihen und italienische Staatsanleihen sind inzwischen auf 7,5 bzw. knapp 6,5 Prozent gestiegen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit ihrer Warnung Recht, Deutschland droht sich zu überfordern, wenn auch große Volkswirtschaften wie Spanien und Italien gestützt werden müssen. Für Spanien plus Italien ist kein Platz unter den Rettungsschirmen. Fallen Stützen wie Italien oder Frankreich ist die Euro-Zone am Ende und Deutschland mit seinem Haftungsanteil von knapp 300 Milliarden Euro schwer getroffen.
So verschuldet sind die Euro-Länder
Das am höchsten verschuldete Land der Euro-Zone ist - wer hätte es gedacht - Griechenland. Bei satten 160,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) lag die Schuldenquote des Mittelmeerlandes im ersten Quartal 2013, wie die Statistikbehörde Destatis mitteilt. Ein kleiner Lichtblick: Immerhin haben es die Griechen in den vergangenen Jahren geschafft, ihr extrem hohes Haushaltsdefizit zu drücken: Nahm die Regierung 2009 noch neue Kredite in Höhe von 15,6 Prozent des BIP auf, hat sich die Defizitquote im Jahr 2012 - nicht zuletzt dank europäischer Hilfe - auf neun Prozent des BIP verringert.
Auf Platz zwei der am meisten verschuldeten Euro-Länder landet Italien. Mit 130,3 Prozent des BIP stehen die Italiener laut Destatis in der Kreide. Die Märkte bestrafen das mit höheren Zinsen. Mit einem harten Sparkurs steuert Rom dem entgegen.
Genau wie Griechenland musste sich auch Portugal unter den Rettungsschirm flüchten. Das Land ächzt unter einer Schuldenquote von 127,2 Prozent der BIP.
Irland hatte vor allem unter der Bankenkrise zu leiden. Weil das kleine Land seine Banken stützen musste, hat es einen Bruttoschuldenstand von 125,1 Prozent des BIP. Auch das Haushaltsdefizit des früheren keltischen Tigers war in der Folge beängstigend hoch und lag 2010 bei 31 Prozent des BIP. Inzwischen konnte die Regierung das Defizit auf 8,2 Prozent senken. Grund dafür ist unter anderem eine andere Buchung von UMTS-Mobilfunklizenzverkäufen. Irland will Ende des Jahres aus seinem Hilfsprogramm aussteigen.
Auch Belgiens Schuldenquote hat mit 104,5 Prozent vom BIP eine kritische Höhe erreicht. Beim Haushaltsdefizit hingegen sehen die Belgier inzwischen wieder ganz gut aus: Nach satten 10,2 Prozent im Jahr 2009 werden sie die in den Maastricht-Kriterien festgelegte Defizitquote von drei Prozent in diesem Jahr einhalten.
Deutschlands Nachbarland Frankreich hat eine Verschuldungsquote von 91,9 Prozent des BIP. Ökonomen halten diese Schuldenlast für gerade noch tragbar, die Maastricht-Kriterien hingegen verletzen die Franzosen deutlich: Sie sehen eine Quote von höchstens 60 Prozent vor.
Das vorletzte Land, das Schutz unter dem Euro-Rettungsschirm suchte, war Spanien. Dabei ist die Bruttoschuldenquote der Iberer gar nicht so hoch: mit 88,2 Prozent liegt sie unter der von Deutschland.
Auch Zypern ist unter den Rettungsschirm geschlüpft - als bislang letztes Euro-Land. Den Inselstaat drückt eine Schuldenquote von 86,9 Prozent des BIP.
Auch Deutschland, das sich gerne als Musterschüler der Euro-Zone sieht, drückt eine hohe Schuldenlast: 81,2 Prozent beträgt die Bruttoschuldenquote im Jahr 2012 - zu hoch für Maastricht.
Die Mittelmeerinsel Malta weist eine Bruttoverschuldungsquote von 75,4 Prozent des BIP auf. Im europäischen Vergleich reicht das für Platz zehn.
Deutschlands südlicher Nachbar Österreich weist eine Verschuldungsquote von 74,2 Prozent des BIP auf - Platz elf in Europa. Auch das Haushaltsdefizitdefizit der Alpenrepublik ist mit aktuell drei Prozent vom BIP vergleichsweise gering. Im Jahr 2011 hatte es mit 2,6 Prozent sogar noch niedriger gelegen.
Die Niederlande gelten ähnlich wie Deutschland als Verfechter einer strengen Haushaltspolitik. Das macht sich bemerkbar: Die Verschuldungsquote liegt bei nur 72 Prozent vom BIP.
Auch die Slowakei weist eine niedrige Gesamtverschuldung auf: Die Bruttoverschuldungsquote liegt bei 54,9 Prozent des BIP. In den vergangen Jahren allerdings hatten die Slowaken zunehmend Probleme: Bei acht Prozent des BIP lag das Haushaltsdefizit im Jahr 2009, in diesem Jahr werden es laut Eurostat-Prognose 4,7 Prozent sein.
Ein Musterbeispiel für solide Haushaltsführung ist Finnland: Die Bruttoverschuldungsquote der Skandinavier liegt bei 54,8 Prozent und bewegt sich damit locker in dem Rahmen, den der Maastricht-Vertrag vorgibt. Auch die Haushaltszahlen können sich sehen lassen: In den vergangenen vier Jahren lag Finnlands Defizit nie über der Drei-Prozent-Marke. Im Jahr 2012 werden es nach Prognose von Eurostat gerade einmal 0,7 Prozent sein.
Sloweniens Verschuldungsquote liegt im ersten Quartal 2013 bei 54,5 Prozent des BIP erfüllt damit die Maastricht-Kriterien. Schlechter sieht es bei den Haushaltszahlen aus: Nach einen Defizit in Höhe von 6,4 Prozent des BIP im Jahr 2011 steuert die Regierung in diesem Jahr auf 4,3 Prozent zu. Die Gesamtverschuldung steigt also.
Geldsorgen sind in Luxemburg ein Fremdwort. Die Verschuldungsquote des Großherzogtums liegt bei niedrigen 22,4 Prozent. Der Regierung gelingt es in den meisten Jahren auch, mit den eingenommenen Steuermitteln auszukommen. In den vergangenen drei Jahren lag das Haushaltsdefizit stets unter einem Prozent des BIP. Die anvisierten 1,8 Prozent in diesem Jahr sind da schon ein Ausreißer nach oben.
Hätten Sie es gewusst? Der absolute Haushalts-Musterschüler der Euro-Zone ist Estland. Das baltische Land hat eine Gesamtverschuldung, die bei extrem niedrigen 10 Prozent des BIP liegt - ein echter Spitzenwert. 2010 und 2011 gelang es der Regierung sogar, einen kleinen Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften. In diesem Jahr läuft es etwas schlechter: Voraussichtlich wird die Regierung Kredite in Höhe von 2,4 Prozent des BIP aufnehmen. Die Maastricht-Kriterien halten die Esten damit aber immer noch locker ein.
Wenn dieses Szenario vom Horrorszenario zur Realität wird, ist eine Abstufung des deutschen Ratings berechtigt. Doch ist es schon so weit?
Braucht etwa Italien also aufgrund der hohen Zinslast Hilfe des Rettungsschirms? Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von Ende 2011 kommt zu einem anderen Schluss. Demnach könne sich Italien selbst bei einem zeitweiligen Zinssatz von neun Prozent für zehnjährige Anleihen noch selbst finanzieren.
Denn: Der Wert für alte Schulden ändert sich nicht. Renditeforderungen von sechs bis sieben Prozent, wie sie der Kapitalmarkt von Italien derzeit verlangt, werden nur für Schulden fällig, die Italien ab sofort aufnimmt.
Bis 2015 muss die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt rund 750 Milliarden Euro an alten Schulden tilgen und durch neue ersetzen. Das gilt – etwa im Vergleich zu Griechenland – als sehr viel. Doch: „Der Durchschnittszins erhöht sich nur nach und nach. Bis 2015 wird noch nicht einmal die Hälfte des Schuldenstandes von 1,9 Billionen Euro umgewälzt“, sagt IW-Ökonom Jürgen Matthes.
In Modellrechnungen zeigt er, dass sich der Durchschnittswert bei einem aktuellen Zinssatz von sieben Prozent bis 2015 gerade einmal auf 5,3 Prozent erhöht. Italien hat also noch Spielraum, doch das Zeitfenster, endlich die Wende zu schaffen, schließt sich. Deutschland muss den Druck erhöhen, dass die Euro-Pleiteländer schneller und schonungsloser als bisher Reformen umzusetzen.
Fazit: Moody’s Ankündigung, Deutschlands Rating mit einem negativen Rating auszustatten, ist verfrüht und in weiten Teilen nicht schlüssig. Für Deutschland sollte es dennoch eine Warnung sein – und das Land ermutigen, die nötigen Konsequenzen zu ziehen.