Auf Deutschland könnten nach dem Brexit einem Zeitungsbericht zufolge zusätzliche Beiträge in den EU-Haushalt von sechs Milliarden Euro im Jahr zukommen. Ein für Mai vorgesehener Vorschlag von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger für den Finanzrahmen ab 2021 werde in diese Richtung gehen, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" ohne Angabe von Quellen. Im Bundesfinanzministerium sei man darauf vorbereitet.
Der Betrag ergibt sich der "FAS" zufolge aus Überlegungen, den EU-Haushalt auch nach dem Ausscheiden des Nettozahlers Großbritannien stabil bei 160 Milliarden Euro zu halten. Damit müsse Deutschland aber statt wie bisher 33 Milliarden Euro oder ein Prozent des Bruttonationaleinkommens künftig 39 Milliarden Euro (1,2 Prozent des BNE) beisteuern. Die Bundesrepublik würde damit einen Anteil von 25 Prozent des Haushalts schultern.
Die Alternative dazu wäre ein geschrumpfter Finanzrahmen von 134 Milliarden Euro und einem deutschen Beitrag von weiter 33 Milliarden Euro. Trotz angepeilter Haushaltsreformen und Einsparungen an verschiedenen Stellen wolle die EU aber in Zukunftsprojekte investieren und brauche dafür Geld.
Der harte Brexit und die Folgen – für beide Seiten ein Schreckensszenario
Bei einem harten Brexit würden Zölle nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) anfallen. Alleine bei Pkw betragen die 10 Prozent. Deutschlands Exporte würden nach einer aktuellen Studie des Forschungsnetzwerks Econpol um 33 Prozent sinken.
An Großbritanniens Grenzen würden nicht nur Zoll- sondern auch Passkontrollen stattfinden. Die Wirtschaft fürchtet erhebliche Zeitverzögerungen. Der Autohersteller Honda hat bereits angekündigt, dass Zollkontrollen nicht vereinbar seien mit seiner Just-In-Time-Lieferkette.
Beim EU-Austritt fällt Großbritannien aus dem Studentenaustauschprogramm Erasmus hinaus. EU-Bürger, die künftig in Großbritannien studieren wollen, müssen sich auf hohe Studiengebühren einstellen. Bisher darf Großbritannien von EU-Studenten nicht mehr verlangen als von Inländern.
Bisher sind britische Forschungseinrichtungen die größten Empfänger von EU-Forschungsgeldern. Ohne besondere Vereinbarungen werden britische Forschungseinrichtungen keinen Zugang mehr zu EU-Programmen haben. Britische Forscher beklagen schon jetzt im Vorfeld, dass Kollegen vom Kontinent weniger Interesse an der Zusammenarbeit zeigen.
Britische Flugzeuge verlieren nach dem Brexit ihre Landerechte in der EU. Ohne ein spezielles Abkommen haben britische Fluglinien keinen Zugang mehr zu EU-Flughäfen. Andersherum können europäische Linien britische Flughäfen nicht mehr anfliegen.
Im Gegenzug soll es den Angaben zufolge drastische Kürzungen bei den Fonds für Strukturmaßnahmen in wirtschaftlich schwächeren Regionen der EU geben. Zudem solle die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit bei der Verteilung der Mittel mehr berücksichtigt werden. Gleichzeitig sei gegenüber Ungarn und Polen wegen des Streits über die Flüchtlingsverteilung ein härterer Kurs in den Haushaltsverhandlungen geplant.
Wann genau das Ausscheiden Großbritanniens im EU-Haushalt ein Loch reißt, ist unklar. Zurzeit ist nach dem EU-Ausstieg des Königreichs im März 2019 eine Übergangsphase von mehreren Jahren geplant, in denen die Regierung in London womöglich weiter Beiträge überweisen muss. Der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) der EU gilt meist für sieben Jahre. Die aktuelle Haushaltsplanung läuft bis 2020. Die EU-Kommission schlägt die entsprechende MFR-Verordnung vor, die nach meist zähen Verhandlungen von den Mitgliedsländern einstimmig nach Zustimmung des EU-Parlaments erlassen wird.