Nach der Wahl Etablierte Parteien kämpfen ums Überleben

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Die Glaubwürdigkeit etablierter Parteien ist lädiert

Die Mehrheit findet, die AfD habe „zwar keine Lösung, stelle aber wenigstens die richtigen Fragen“. Das ist mehr, als den etablierten Parteien eins auswischen zu wollen. Denn offensichtlich vermissen diese Menschen schon die Behandlung mancher Themen durch die Politik. Genüsslich wies AfD-Gründer Lucke darauf hin, dass die rechtsextremen Parteien NPD und Republikaner gemeinsam fast aufs Zehntel genau so viele Anteile erhalten haben wie vor fünf Jahren. Da die AfD von allen anderen Parteien Wähler herüberziehen konnte, müsse es sich wohl „um Rechtspopulisten von anderen Parteien“ handeln, gab er die Verdächtigungen der Konkurrenz bissig zurück. Entscheidend für den Wahlerfolg der Alternative war freilich, dass sie Nichtwähler mobilisieren konnte, die in der Vergangenheit kein passendes Angebot für sich gefunden hatten. Auch das spricht gegen die simple These der Protestpartei, denn Protestventile standen bei jeder Wahl in ausreichender Zahl zur Verfügung – von der Linken über die Piraten bis zu extremistischen Parteien jeglicher Couleur.

 

Dass die lädierte Glaubwürdigkeit der etablierten Parteien nicht mehr ausreicht, diese Bürger mit ein paar Placebos zu beruhigen, zeigt das Schicksal der CSU. Zwar hatte sie sich bemüht, etwas mehr europakritische Töne in ihre Wahlfanfaren hineinzukomponieren. Parteichef Horst Seehofer hatte eigens den kampferprobten Eurokritiker Peter Gauweiler als stellvertretenden Vorsitzenden ins Schaufenster gestellt, um den AfD-Anhängern eine Köder zu bieten. Funktioniert hat es nicht, die CSU schnitt deutlich schlechter ab als in der Vergangenheit.

 

Das Europawahl-Programm der Parteien

Genau umgekehrt läuft es für die FDP. Sie kommt trotz allen Strampelns nicht aus dem Drei-Prozent-Ghetto. Die Gefahr für sie: Sollte es sich AfD schaffen, sich als Koalitionspartner für die Union zu positionieren, entfiele einer der entscheidenden Gründe, die in der Vergangenheit den Liberalen oft das Überleben über der Fünf-Prozent-Hürde gesichert hat: das Funktionsargument. Wenn sie als bürgerliche Mehrheitsbeschafferin nicht mehr gebraucht würde, würde es eng.

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