Nach Randale-Nacht Politische Krise in Rumänien verschärft sich

Rumänien ringt um einen Ausweg aus der Krise, die eine Regierungsverordnung ausgelöst hat, die den Kampf gegen Korruption erschwert. Mittlerweile bröckelt der Rückhalt der sozialliberalen Regierung in den eigenen Reihen.

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Demonstranten und Bereitschaftspolizisten lieferten sich in Bukarest Auseinandersetzungen. Quelle: dpa

Nach gewaltsamen Ausschreitungen bei Protesten gegen den Justizkurs der sozialliberalen Regierung verschärft sich die politische Krise in Rumänien. Der bürgerliche Staatspräsident Klaus Iohannis warf der Regierung vor, die Krawalle nicht verhindert zu haben. Er reichte eine Verfassungsklage gegen die umstrittene Regierungsverordnung ein, die den Kampf gegen Korruption erschwert und Massenproteste ausgelöst hat. In der Sozialdemokratischen Partei (PSD) von Ministerpräsident Sorin Grindeanu wird die Kritik an der eigenen Regierung lauter.

Die umstrittene Eilverordnung sieht vor, dass Amtsmissbrauch nur noch dann strafrechtlich verfolgt wird, wenn die Schadenssumme mindestens 200.000 Lei (rund 50.000 Euro) beträgt. Dies soll nach Ansicht von Kritikern den PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea schützen, der wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs mit einem Schaden von 100.000 Lei vor Gericht steht.

Am Mittwochabend hatten mehrere Dutzend Randalierer inmitten friedlicher Demonstranten plötzlich Polizisten mit Feuerwerkskörpern angegriffen.

„Das Innenministerium hat genau gewusst, wann wo welche Gruppen eine Auflösung der Demonstration planen“, sagte Iohannis am Donnerstag. Die Behörde habe es versäumt, gegen diese Gruppen vorbeugend einzuschreiten und damit „nicht nur die Demokratie gefährdet, sondern auch die Gesundheit und sogar das Leben der einfachen Leute, die friedlich zur Demonstration gegangen sind“?.

Innenministerin Carmen Dan behauptete, vorab nichts von geplanten Krawallen gewusst zu haben. Der Inlandsgeheimdienst SRI wiederum erklärte, er habe Informationen über Pläne zur Störung der Demonstration zum Zwecke der Diskreditierung der Proteste gehabt und diese auch dem Innenministerium weitergegeben.

Iohannis äußerte sich auch zu Gerüchten, denen zufolge Grindeanu eine Auflösung der Antikorruptionseinheit der Staatsanwaltschaft (DNA) plane. „Hände weg von DNA“, betonte Iohannis.

Etliche PSD-Politiker kündigten unterdessen der Regierung die Gefolgschaft auf. Handelsminister Florin Jianu trat zurück. „?Dies diktiert mir mein Gewissen“?, schrieb er bei Facebook. PSD-Vizepräsident Mihai Chirica verlangte den Rücktritt des Justizministers Florin Iordache, der die umstrittene Verordnung mitverantwortet. Aus Protest legte zudem ein Staatssekretär sein Amt nieder, einige Lokalpolitiker traten aus der PSD aus.

Die ansonsten friedlichen Proteste fanden nach Polizeiangaben am Mittwochabend in landesweit 70 Ortschaften statt. Medien schätzten die Gesamt-Teilnehmerzahl auf 300.000, die Polizei wollte dazu keine Angaben machen.

Die Regierungspläne stießen auch auf heftige internationale Kritik: der EU-Kommission, die deutsche Bundesregierung und deutsche Wirtschaftsvertreter bekundeten Sorge. Die Niederlande, USA, Deutschland, Frankreich, Belgien, Kanada und Finnland warnten zudem in einem außergewöhnlichen gemeinsamen Brief vor der „Aushöhlung“? des Rechtsstaats und der bisher zehn Jahre langen Kampfs gegen Korruption in Rumänien.

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