Neuwahl in Spanien Nationale Skandale werden vom Brexit überlagert

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Unternehmer und Investoren fürchten eine linke Koalition

Nichts aber fänden die Spanier schlimmer, als wenn es wieder nicht gelänge, eine Regierung zu bilden. Sie sind sauer, dass Spanien seit sechs Monaten politisch still und die Parteien sich vor allem gestritten haben statt ernsthaft eine Koalition zu suchen. „Die Politiker reden immer noch genauso schlecht übereinander wie vorher. Jeder will nur die Macht und für das Land interessiert sich niemand“, schimpft José Torrez Lopez. Er spricht damit vielen Spaniern aus der Seele.

Der Unmut wird auch durch immer neue Fälle von Korruption und Vetternwirtschaft genährt, die seit den Wahlen im Dezember ans Licht kommen und vor allem die konservative Regierungspartei PP treffen. Der jüngste Fall wurde gerade einmal vier Tage vor den Neuwahlen bekannt. Die links gerichtete Online-Zeitung Público veröffentlichte den Mitschnitt eines Telefonats, in dem der konservative Innenminister Jorge Fernández Díaz den Chef der Antikorruptionsbehörde in Katalonien offenbar auffordert, belastendes Material gegen Politiker der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu beschaffen.

Die Katalanen wollen sich von Spanien abspalten und einen eigenen Staat gründen und sind darüber seit Jahren mit Madrid zerstritten. Díaz beteuert, der Inhalt des Gesprächs, das bereits vor zwei Jahren stattgefunden hat, sei aus dem Zusammenhang gerissen und solle nur Stimmung im Wahlkampf machen.

Der Brexit allerdings verdrängt jedoch die Aufregung über diesen Skandal. Auch in den vergangenen Monaten haben die zahlreichen neu entdeckten Korruptionsfälle in der konservativen Partei ihr in den Umfragen nicht geschadet. Die PP verfügt über einen extrem loyalen Kern von Stammwählern, viele von ihnen sind Rentner. Gerade die aber tun sich mit den Versprechen des Aufbruchs der zwei neuen Parteien schwer.

Für Unternehmer und Investoren ist eine von Unidos Podemos geführte Regierung allerdings ein Horrorszenario. „Dann kann ich meinen Laden hier gleich dicht machen“, sagt Conrado Mas, Inhaber eines Schmuckgeschäfts. „Podemos schafft keinen Reichtum im Land, sondern will nur Sondersteuern erheben“ sagt er mit Blick auf die geplante Steuer auf Luxusgüter und Steuererhöhungen für Besserverdiener. Mas wäre eine große Koalition am liebsten, denn von der verspricht er sich mehr Zuverlässigkeit. „Diese Unsicherheit in den letzten Monaten hat uns schon geschadet“, sagt er. „Seit Anfang des Jahres kommen weniger Leute und mit jedem Monat wird es schlimmer.“

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