Niederlande-Kenner Wielenga "Die Perspektive der Niederlande ist düster"

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"Viele Bürger sind Brüssel-kritisch"

Deutschland zieht den Euro-Partnern davon
Wirtschaftsstandorte der Zukunft
Europas Bedeutung als Wirtschaftsstandort
China ist größter Europa-Konkurrent
Europa und China als Benchmark
Faktoren für Wettbewerbsfähigkeit
Schwache Dynamik
Portfolio-Ansicht

Den europäischen Partnern ist die politische Führung aber schuldig, die Maastricht-Kriterien einzuhalten und dazu beizutragen, die Währungsunion zu stabilisieren.

Das sehen Sie so. Das sehe ich so. Aber das sieht die Freiheitspartei ganz anders. Ein Beispiel: Geert Wilders hat vor einigen Monaten eine Studie präsentiert, wie schädlich bzw. nützlich ein Euro-Aus der Niederlande wäre. Das Ergebnis: Für die Niederlande sei es lukrativer, zum Gulden zurückzukehren als in der Eurozone zu bleiben. Diese bestellte Studie ist Wasser auf die Mühlen der Europa-skeptischen, niederländischen Bürger.

Sind die Europa- und Euro-Skeptiker zwischen Amsterdam und Maastricht inzwischen in der Mehrzahl?

Eher nicht. Es gibt zwar eine Tendenz, dass sich Niederländer lieber abschotten würden und fast schon provinziell denken. Viele Bürger sind bereits länger Brüssel-kritisch. Das zeigte sich schon im Referendum von 2005, als sich die Niederländer klar gegen die damals geplante EU-Verfassung aussprachen. Aber grundsätzlich ist das Land weltoffen. Es gibt viele Bürger, die Wilders Thesen entschieden widersprechen.

Apropos Wilders: Der Rechtspopulist verhindert auch eine Reform des Wohnungsmarktes. In den Niederlanden können die Hypothekenzinsen komplett von der Steuer abgezogen werden. Das schröpft die Staatskassen und führt zu einer Immobilienblase.

Das ist ein großes Problem. Der Immobilienmarkt wurde künstlich erhitzt. Die Preise sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch die Decke geschossen. Viele Haushalte haben hohe Kredite aufnehmen müssen, um ein Eigenheim zu erwerben. Vielerorts können die Kredite inzwischen kaum noch bedient werden. Nun, aufgrund der Rezession, fallen die Preise deutlich. Notverkäufe sind nur mit großen Verlusten möglich.

Fassen wir zusammen: Die Regierung ist in ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt, der Arbeitsmarkt ist nicht flexibel genug, um auf Krisen reagieren zu können und die Privat-Haushalte sind verschuldet. Wie lange gehören die Niederlande noch zu den Stützpfeilern der Eurozone und zu den "AAA"-Ländern?

Ich will nicht schwarz sehen. Die Lage ist ernst und wenn sich die Rezession verlängert ist auch auf lange Sicht das niederländische Top-Rating in Gefahr. Aber ich glaube und hoffe, dass die politische Führung den Ernst der Lage erkennt – und mit Wilders oder als Mehr-Parteien-Block ohne Wilders – die nötigen Reformen auf den Weg bringt. Darüber hinaus sollte die Regierung wie geplant sparen, aber moderat, um nicht das Wachstum abzuwürgen. Letztendlich ist nicht entscheidend, ob die Niederlande die Defizitziele schon 2013 wieder einhalten. Wichtig ist die Perspektive. Und die ist düster, aber nicht hoffnungslos.

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