Die britische Innenpolitik bleibt nach dem Brexit-Votum in Aufruhr. Nur fünf Tage nach dem überraschenden Verzicht von Boris Johnson auf die Nachfolge von Premierminister David Cameron kündigte am Montag Ukip-Chef Nigel Farage nicht minder unerwartet seinen Rücktritt vom Vorsitz seiner rechtspopulistischen Partei an. Damit verlieren die Brexit-Befürworter innerhalb kürzester Zeit ihr zweites Zugpferd.
Sein politisches Ziel, dass Großbritannien die Europäische Union verlasse, sei nun erreicht, begründete der 52-Jährige Farage seine Entscheidung. Er habe gewollt, dass Großbritannien eine selbstverwaltete Nation werde. Eine Karriere als Politiker habe er nie angestrebt. Es ist schon das zweite Mal, dass Farage seinen Rückzug als Parteichef ankündigt. Dieses Mal werde es aber endgültig sein, sagte er.
Er werde seinen Sitz im Europäischen Parlament behalten, um die Brexit-Verhandlungen bis zum Ende mitzumachen, fügte er hinzu. Die Bedingungen des Ausscheidens seien noch unklar. Wenn Regierung und Labour-Partei den Willen ihrer Wähler missachteten, dann könnten die besten Tage von Ukip noch bevorstehen.
Farage war jahrelang Vorkämpfer eines EU-Austritts Großbritanniens, in den Vordergrund seiner Kampagne stellte er das Thema Einwanderung. Am 23. Juni stimmte eine Mehrheit der Briten in einem Referendum dann tatsächlich für den Brexit.
Vor einer Woche hatte Farage noch im Europaparlament seinen Erfolg gefeiert. Er sagte, die EU solle mit Großbritannien ein gutes Handelsabkommen schließen, sonst seien auch deutsche Arbeitsplätze in Gefahr. Großbritannien werde nicht das einzige Land sein, das die Gemeinschaft verlasse. Die Mehrheitsentscheidung der britischen Wähler gegen die EU sei ein „Licht der Hoffnung“ für den übrigen Kontinent.
Unterstützung bekam er von der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen. Von anderen Kollegen im EU-Parlament musste Farage sich Buhrufe anhören.
Unmittelbar nach dem Brexit-Votum hatte Farage das Ergebnis als „Sieg für normale Menschen, gegen die Großbanken, Großunternehmen und die große Politik“ bezeichnet. Der Referendumstag solle zu einem neuen nationalen Feiertag, dem Unabhängigkeitstag, erklärt werden, sagte er. Die EU liege im Sterben.
Das Referendum hat Großbritannien in eine politische Krise gestürzt. Premier Cameron kündigte seinen Rücktritt an. Johnson, einst Favorit auf seine Nachfolge an der Spitze der Konservativen Partei, gab am Donnerstag seinen Verzicht bekannt.
Der neue Vorsitzende der Regierungspartei wird traditionsgemäß auch Premierminister und muss die Folgen des Brexit-Votums bewältigen. Die besten Chancen auf das Amt haben jetzt wohl Innenministerin Theresa May und Johnsons ehemaliger Verbündeter, Justizminister Michael Gove.
Auch die oppositionelle Labour-Partei steckt in Schwierigkeiten. Der Vorsitzende Jeremy Corbyn will trotz einer verlorenen Vertrauensabstimmung im Amt bleiben will.
Der britische Finanzminister George Osborne kündigte Pläne an, die Körperschaftssteuer um fünf Prozentpunkte auf weniger als 15 Prozent zu senken. Die Senkung solle signalisieren, dass Großbritannien für Unternehmen weiter offen sei, trotz des Referendum-Ergebnisses