Ökonom Thomas Mayer "Wir brauchen Alternativen zum Euro"

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Neue Parallelwährung zum Euro

Ist die Schattenregierung gescheitert?

Mayer: Sie kann sich zumindest auf Dauer nicht durchsetzen. Eine stabile Basis für den Euro sind nur souveräne Staaten, die selber die Verantwortung für ihre Finanzen tragen und die Geldpolitik nicht manipulieren können.

Dennoch verweisen Sie in Ihrem Buch auf die europäische Zentralbank als Kreditgeber der letzten Instanz. Ist das nicht ein Wiederspruch?

Mayer: Das ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Denn zwischen der jetzigen Situation und dem Idealzustand souveräner Staaten liegt ein weiter Weg. Dafür brauchen wir einen Übergang und die EZB als Rückhalt. Solange Banken noch nicht vom Staat getrennt wurden und einige Länder entsprechend systemisch relevant sind, muss die EZB im Notfall mit Krediten unterstützen.

Souveräne Staaten hin oder her: Zahlen wir in zehn Jahren noch in Euro?

Mayer: Wenn wir bar zahlen schon. Denn ich gehe davon aus, dass systemisch wichtige, aber schwache Länder wie Italien oder Spanien die Hilfe der EZB brauchen und damit die Geldpolitik vor sich hertreiben werden, um ihre eigenen Finanzen zu stabilisieren. Das wird langfristig zu einer erhöhten Inflation bei uns führen. Die Deutschen halten einen großen Teil ihres Vermögens in nominaler Form, beispielsweise bei Altersvorsorgeprodukten wie Riester. Hier reicht schon eine fünfprozentige Inflation über zehn Jahre, um die Altersvorsorge deutlich zu verringern. Das wird sich die Gesellschaft nicht bieten lassen. Es müssen also Alternativen zum Euro geschaffen werden.  

Wie könnte so eine Alternative aussehen?

Mayer: Das könnte beispielsweise eine Art Parallelwährung in Form von Buchgeld sein. In der Tasche haben wir weiterhin Euroscheine und –münzen, aber auf unserem Konto haben wir eine andere, wertbeständigere Währung. Zur Einführung der neuen Währung könnten beispielsweise Miet- oder Sparverträge inflationsindexiert werden, also an die deutsche Inflation gebunden.

Diese Zweitwährung wäre also wieder national begrenzt?

Mayer: Nicht unbedingt, sie kann sich auch regional ausbreiten. Es bleibt aber eine Parallelwährung mit flexiblem Wechselkurs zum Euro – kein Ersatz für die Gemeinschaftswährung und auch keine Rückkehr zur alten D-Mark.  

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