Osteuropa Polen verliert an Wachstum, gewinnt aber an Macht

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Entwicklung zu weltweiter Wettbewerbsfähigkeit

Die Halle ist halb leer und klinisch rein. Nur an wenigen Drehbänken stehen Arbeiter und fräsen Teile aus Titan. „Wir lernen noch“, sagt Poczatek, „aber das tun wir sehr schnell.“ Alle Komponenten sende sie im Moment zur Qualitätsprüfung nach Großbritannien, ehe sie zum Kunden kommen. Ab kommendem Jahr werde Rzeszow erstmals ohne Umweg die Berliner Triebwerkefabrik von Rolls-Royce beliefern. Die rasche Auffassungsgabe der Facharbeiter in dieser Gegend macht’s möglich, sagt die Betriebswirtin. „Meist glauben die Absolventen polnischer Hochschulen Wunder, was sie alles können“, so Poczatek, „jene aus Rzeszow haben wirklich Ahnung.“

Die beliebtesten Länder der Welt

Rzeszow macht im Kleinen vor, was Polen insgesamt schaffen muss: Das Land als Standort für Forschung und Entwicklung zu profilieren – nicht nur für ausländische Investoren, sondern auch als Biotop, in dem sich lokale Unternehmen hin zu weltweiter Wettbewerbsfähigkeit entwickeln können. Im Innovationsindex der EU-Kommission schneiden nur Bulgarien, Rumänien und Lettland schlechter als Polen ab. „Niedrige Ausgaben für

Wirtschaftsleistung pro Einwohner, kaufkraftbereinigt (in Dollar) ; (Prognosen schraffiert)

Forschung und Entwicklung fallen zusammen mit geringen Aktivitäten in diesem Bereich von Unternehmen und einem Geschäftsumfeld, das Innovationen nicht anregt“, kritisierte die EU-Kommission im Sommer in ihrer jährlichen Überprüfung der polnischen Wirtschaft. „Die Innovationsfähigkeit polnischer Unternehmen und die Beziehungen zwischen der Wissenschaft und der Industrie zu stärken sowie gezielte Instrumente zu schaffen, die sich auf den ganzen Innovationszyklus beziehen, bleiben eine Herausforderung.“

Ideen aus dem Ausland

Am Geld scheitert das nicht. In der laufenden Haushaltsplanung bleibt Polen der größte Empfänger von Strukturmitteln in der EU. Bis zum Jahr 2020 sind 86 Milliarden Euro an Mitteln für Polen eingeplant. Aus Brüssel kommt die Botschaft, dass Investitionen künftig weniger in die Infrastruktur, sondern viel stärker in die Innovationskraft des Landes gelenkt werden. Polens EU-Kommissarin für Industrie und Binnenmarkt, Elzbieta Bienkowska, die zuvor in Warschau als Ministerin unter Tusk für Regionalentwicklung verantwortlich war, spielt den Ball aber auch an die Wirtschaft ab: „Unsere Unternehmen geben kein Geld für Innovationen aus. Sie kaufen lieber Ideen aus dem Ausland.“

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