Im Sommer 2012 trommelte Soros siebzehn namhafte Ökonomen in Brüssel zusammen. Das Inet gründete ein Council on the Euro Zone Crisis und meldete sich sogleich mit einem Ökonomenaufruf zu Wort. Thema: Wie der Euro zu retten ist.
Dass Soros selbst bei der Beratung des Papiers mitmischte, ist nur dezent in einer Fußnote vermerkt. Weitaus sichtbarer prangen darüber die Namen der angelockten Ökonomen, darunter prominente Vertreter der Disziplin in Deutschland. Peter Bofinger und Lars Feld stehen darauf, Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die ehemalige Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro, jetzt im Verwaltungsrat der Schweizer Großbank UBS. Dennis Snower, Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Die Mitglieder saßen ehrenamtlich im Council, ist aus Inet-Kreisen zu hören.
Gerade Bofinger hat eine besondere, intensivere Beziehung zu Soros. Der deutsche Ökonom ist ein gern gesehener Inet-Gast, er ist nicht nur Mitglied im Euro-Council, sondern trat auch als Redner auf einer Inet-Konferenz in Berlin auf. Und ihm wurde eine besondere Ehre zuteil: Gemeinsam mit Soros verfasste Bofinger einen Essay für die „Financial Times“. Das Thema, na klar: Wie die Europäische Zentralbank den Euro retten kann. Doch so gerne er auf Soros’ Veranstaltungen spricht, so ungern will Bofinger über seine Zusammenarbeit mit dem Milliardär reden. Mehrere Interview-Anfragen lässt er unbeantwortet. Dabei gäbe es so interessante Fragen: Ob er Geld für seine Dienste bekommt und wenn ja, wie viel? Ob Soros’ Stiftungen seine Forschungen fördern?
Ein anderer Inet-Denker, Thomas Ferguson von der Universität Massachusetts, saß in New York auf einem Panel mit Vertretern der griechischen Linkspartei Syriza, die zu einer Diskussion an die Columbia Law School eingeladen war. Parteiführer Alexis Tsipras gab dort vor vollem Hörsaal seine Meinung zu den geizigen Deutschen zum Besten, beschwor die Angst vor einem neuen Adolf Hitler und einem neuen Faschismus in Europa. Im Gepäck hatte Tsipras seinen Wirtschaftsberater Giannis Milios und Rena Dourou, Mitglied der Linkspartei im griechischen Parlament. Ihren Auftritt mitfinanziert hat Soros’ Thinktank Inet.
Warum nur sponsort Soros einen antikapitalistischen Hetzer wie Tsipras mit seinen Tiraden gegen Deutschland? Teilt er etwa dessen Thesen? Wall-Street-Kollegen äußern sich nur hinter vorgehaltener Hand. Zu groß scheint die Furcht vor dem Einfluss des Alten. Doch beim Gespräch mit einem Manager fällt häufiger der Satz: „Soros will sich an Deutschland rächen.“ Kenner der Familie sagen, Soros präge eine gewisse „Hassliebe zu Deutschland“. Am Geschehen in Europa und in Deutschland sei er vor allem wegen seiner persönlichen Historie interessiert.
Soros ist nicht Antideutsch
Antideutsch sei Soros allerdings nicht, meint Robert Johnson, Amerikaner, ein Freund von Soros und Chef des Inet. „Europa liegt ihm wirklich am Herzen“, sagt der Mittfünfziger, der selbst in der Finanzbranche arbeitete, zuletzt als Direktor für Soros Fund Management in New York.
An der US-amerikanischen Ostküste lebt Soros heute recht bescheiden. Er besitze keine Yachten und keine Flugzeuge, heißt es aus seinem Umfeld. In New York hat der Milliardär ein Apartment und Büro, Wochenenden verbringt er in Bedford, einem ruhigen, gediegenen Ort im Bundesstaat New York. In Southampton auf Long Island, rund zwei Stunden von Manhattan entfernt, hat Soros zudem ein apartes Anwesen, auf dem er die Sommermonate verbringt. Zum 80. Geburtstag reiste dort auch Joschka Fischer mit Frau an, berichten Gäste der Feier.