Proteste Frankreichs Bauern blockieren Konkurrenz aus Deutschland

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Keinen Anspruch auf Prämienzahlung

20 Minuten Pause stehen ihnen zum Beispiel alle sechs Stunden zu. Der Mindestlohn von derzeit 9,61 Euro pro Stunde gilt auch für sie. Sind sie länger als 35 Wochenstunden im Einsatz, müssen bis zur 43. Stunden Aufschläge von 25 Prozent bezahlt werden, darüber hinaus werden 50 Prozent für Überstundenzuschläge fällig. Länger als 48 Stunden pro Woche und zehn Stunden pro Tag darf niemand im Einsatz sein.

Ein Viertel der Saisonkräfte würden jedoch nicht für ihre Überstunden bezahlt, moniert die CGT. Die Gewerkschaft beobachtet zudem eine Tendenz hin zu saisonalen Arbeitsverträgen, die sie als Missbrauch brandmarkt. Anders als bei normalen befristeten Arbeitsverträgen haben Saisonarbeitskräfte nämlich keinen Anspruch auf eine zehnprozentige Prämienzahlung am Ende ihres Vertrags.

Wie Landwirtschaft in der Stadt betrieben wird
Gestapelte GewächshäuserNahrungsmittel wie Kartoffeln oder Gurken könnten bald in städtischen Hochhäusern wachsen. Das würde Einsparungen an Kosten und Ressourcen wie Benzin und Strom bedeuten, die für den Transport von Lebensmitteln von den Feldern zum Konsumenten verbraucht werden. Illustration: Javier Martinez Zarracina
Selbst anbauen auf Dachfarmen
Fruchtbarer Ackerboden
Fischen in der Stadt
Hydroponische Gewächshäuser

Bauer Sander und seine Mitstreiter sind genervt von diesem, wie sie sagen, „Übermaß an Vorschriften“. An der Rheinbrücke „Pont de l’Europe zwischen Kehl und Straßburg haben sie ein Schild aufgestellt, auf dem sie „faire Preise für unsere Produkte“ fordern - „keinen Ausverkauf“. Stunde um Stunde wechselten sich rund 1000 Bauern ab, sagte Sander. Zum Teil erhielten sie bei der Durchsuchung der Ladeflächen auch Unterstützung von uniformierten Polizisten, was den Eindruck einer legalen Aktion erweckte.

Dem widersprach unmissverständlich Jean-Marie Le Guen, Staatssekretär für die Beziehungen zum Parlament: Die Blockierer nähmen „eine Reihe von Menschen in Geiselhaft, die im Ausland auch Teil der Handelsbeziehungen sind“, sagte er in einem Fernsehinterview.

Regierung steht auf Seiten der Bauern

Landwirtschaftsminister Le Foll warnte ebenfalls davor, den Bogen zu überspannen. „Die französische Landwirtschaft ist Teil Europas, das ist eine Tatsache,“ sagte er dem Radiosender France Inter. „Frankreich und seine Produzenten exportieren auch in diese Länder. Man muss respektieren, dass wir versuchen, innerhalb der europäischen Institutionen angemessene Lösungen zu finden.“ Staatspräsident Hollande versprach, die Regierung stehe auf Seiten der Bauern - „egal, ob es Aktionen gibt oder nicht“.

Die Blockade an den Grenzen lenkt auch davon ab, dass die französischen Landwirte nicht allein unter der Konkurrenz der europäischen Nachbarn leiden. Ihre Umsätze sind im Zuge des russischen Embargos dramatisch gesunken. Noch 2013 hatten französische Landwirte für insgesamt 750 Millionen Euro Fleisch, Obst und Gemüse nach Russland exportiert. Auch der Absatz nach China ist zurück gegangen.

Innerhalb Frankreichs selbst sind die Kunden auf Grund der Krise beim Konsum von Lebensmitteln sehr viel preisempfindlicher geworden, als dies dem Image der Franzosen oft entspricht. Bioprodukte sind im Land ohnehin einer gut verdienenden Schicht vorbehalten. Knapp fünf Euro für drei Bio-Nektarinen oder 27 Euro für ein glückliches Huhn vom Bauernhof können oder wollen viele Franzosen einfach nicht bezahlen. Die großen Supermarktketten wiederum pressen jeden Cent aus ihren Lieferanten und verpflichten Landwirte zum Teil vertraglich, 70 Prozent ihrer Ware an sie zu verkaufen. Die Supermarktkette E.Leclerc wurde vor wenigen Wochen von einem Berufungsgericht dazu verurteilt, gut 61 Millionen Euro an insgesamt 48 Lieferanten zu bezahlen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass E.Leclerc einen Gutteil seiner Margen auf dem Rücken der Produzenten erwirtschaftete.

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