Rating-Agenturen Angriff auf S&P, Moody's und Fitch

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Das Schicksal beeinflussen

Standard & Poor's Quelle: dpa

Es scheint seltsam, bedenkt man, dass ein Rating das Schicksal eines Landes beeinflussen kann.

Da brüten in Frankfurt oder London vielleicht zwei Analysten von S&P über Statistiken, lesen Studien, füttern ihre Computer.

Sie fahren nach Athen oder Lissabon, sprechen mit dem Finanzminister oder seinen Mitarbeitern. Sie erhalten interne Zahlen und vertrauliche Pläne der Regierung, reden mit der Opposition, der Industrie, den Gewerkschaften.

Sie kehren zurück und beraten sich mit Kollegen, zum Beispiel dem Chef für europäische Länder-Ratings bei S&P, einem nüchternen Deutschen mit Sitz in Frankfurt. Fast immer entscheidet ein Komitee aus fünf oder mehr Analysten per Mehrheit. Glauben sie, dass die Fähigkeit des Landes, seine Schulden pünktlich zurückzuzahlen, gesunken ist, senken sie den Daumen – und die Note. Diese kann von AAA, der Bestnote, bis zu D reichen, dem Zahlungsausfall.

Konsequenzen der Herabstufung

Zwölf Stunden bevor die Analysten ihr Urteil publik machen, informieren sie die Regierung des Landes. Eine letzte Chance, Missverständnisse auszuräumen. Dann erfolgt die »Aktion«, wie es im Jargon heißt: die Bekanntgabe.

Trifft die Herabstufung auf nervöse Märkte, rauschen die Börsen ein paar Prozent in die Tiefe.

Die Regierungen schimpfen – siehe 2010 in Griechenland, 2011 in Italien oder 2012 in Spanien. Durch eine Herabstufung wird es für ein Land deutlich schwerer und teurer, sich am Kapitalmarkt Geld zu leihen. Weil die Herabstufung eines Landes meist Herabstufungen der Banken dieses Landes nach sich zieht, wird es für die Banken und die Firmen ebenfalls schwerer, sich zu refinanzieren.

Fast paradox mutet an: Für all das zahlen Athen oder Lissabon Hunderttausende Euro im Jahr – an die Rating-Agenturen. Im klassischen Modell, dem auch Markus Krall zunächst folgen will, lassen sich die Agenturen von denen bezahlen, die sie benoten. Nur wenige Länder bekommen ihre Ratings kostenlos, weil sie zu wichtig sind, um ignoriert werden zu können. Bei S&P sind das 15 Länder, unter ihnen Deutschland, Frankreich und Italien.

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