Rating-Agenturen Angriff auf S&P, Moody's und Fitch

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Moody’s und S&P gehören letztlich denselben amerikanischen Investoren

McGraw-Hill Quelle: dapd

Wie sehr die Investoren am Status quo hängen, zeigt sich daran, wie sie in den USA und der EU gerade gegen die aktuellen Reformpläne Sturm laufen. In Washington überschütten Bankenlobbyisten die Regulierer mit kritischen Briefen. Vor »unnötigen zusätzlichen Belastungen, Kosten und Risiko« für den Bankensektor etwa warnte der Hausjustiziar der Bank of America, sollten die Ratings aus den Gesetzestexten verschwinden. In Brüssel warnt der deutsche Investorenverband BVI davor, Investoren pauschal stärker anzuhalten, selbst die Qualität von Wertpapieren zu prüfen. Sogar der Bundesverband der Deutschen Industrie klagt, »dem weiteren Drehen an der Regulierungsschraube« fehle »jede Rechtfertigung«. S&P, Moody’s und Fitch hätten »zumindest beim Rating von Unternehmensanleihen über Jahre hinweg im Wesentlichen richtige Bonitätseinschätzungen geliefert«.

Die Beharrungskräfte sind enorm. Doch Markus Krall kämpft weiter. Für Roland Berger ist das Projekt längst eine Frage des Rufes, und auf den einen oder anderen einträglichen Auftrag in der Zukunft wird die Unternehmensberatung wohl auch hoffen. Und deshalb hat Krall noch einen Trumpf im Ärmel. Einen Trumpf, der helfen soll, die Regeln des Spiels langfristig zu verändern. Es ist eine Studie von Roland Berger, die zeigt, dass zu den Eigentümern von Moody’s und McGraw-Hill, dem Mutterkonzern von S&P, dieselben amerikanischen Fondsgesellschaften gehören: Vanguard, Capital World, State Street, BlackRock, um nur ein paar zu nennen. Diese Verflechtung wirft zum einen die Frage auf, wie groß die Interessenkonflikte sind, denn die Agenturen bewerten auch Firmen, die zu ihren Aktionären zählen. Zum anderen diagnostiziert die Studie angesichts der Verflechtung und des hohen gemeinsamen Marktanteils »monopolistische Strukturen« auf dem Rating-Markt. Vor allem deshalb sorgt die Studie seit vergangenem Sommer für Wirbel. Unübersehbar soll sie den Boden bereiten für eine neue – europäische – Rating-Agentur. Mit einigem Erfolg: Die EU-Kommission erwägt ein Verbot dieser Verflechtungen.

Kein Einfluss auf die Analysten

Bei Moody’s und S&P weist man die Vorstellung eines gleichgeschalteten amerikanischen Rating-Komplexes strikt zurück. »Allein die Tatsache, dass ein Investor bei Moody’s und McGraw-Hill gleichzeitig engagiert ist, heißt nicht, dass es eine Verschwörung gibt«, sagt Daniel Kolter, der Deutschlandchef von Moody’s. Von einer Einflussnahme der Eigner könne keine Rede sein. »Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen. Gäbe es auch nur den leisesten Hinweis auf ein Fehlverhalten, würden die staatlichen Stellen dies untersuchen – und uns gegebenenfalls strafrechtlich belangen.«

Sein Kollege von S&P wird noch deutlicher. »Nicht einmal McGraw-Hill, nicht einmal mein Vorstandschef – oder sonst jemand außerhalb des Rating-Komitees – hat Einfluss auf die Entscheidungen unserer Analysten«, sagt Deutschlandchef Torsten Hinrichs. Analyse und Geschäft seien strikt getrennt. »Nicht einmal ich habe Informationen darüber, wann unsere Analysten tagen, welche Note sie vorschlagen oder wie ihre Abstimmung ausfiel.«

Die Bemühungen von Markus Krall und Roland Berger sieht Hinrichs gelassen: »Wir wünschen ihnen viel Erfolg. Das meine ich wirklich ernst.«

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