Recep Tayyip Erdoğan Wie Rheinmetall den Bau von Panzern in der Türkei einfädelt

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Rheinmetall mit guten Beziehungen zum Staatschef

In der internen Präsentation beschreibt der Rheinmetall-Manager offen die umstrittene Firmenpolitik, die bereits seit Jahren verfolgt wird: Um nicht auf deutsche Exportgenehmigungen angewiesen zu sein, versuche das Unternehmen auszuweichen und vermehrt im Ausland zu produzieren. Mit dem neuen Joint Venture in der Türkei werde man Rüstungsgüter der „Weltklasse“ herstellen und sich den Regierungen in Ankara sowie in Katar als „bevorzugte Partner“ anbieten.

Das wichtigste Projekt von Rheinmetall und seinen Geschäftspartnern in der Türkei ist zugleich das explosivste: der Bau von 1000 Kampfpanzern für insgesamt sieben Milliarden Euro. Bereits im Dezember 2015 erhoffen sie sich bei Rheinmetall einen dreistelligen Millionengewinn.

Es geht um den in der Türkei entwickelten Panzer vom Typ Altay – ein Kettenpanzer, den es als Prototyp auch mit einer großen, vorn angebrachten Räumschaufel gibt, praktisch beim Straßenkampf in den Städten. Die Prototypen hatte eine türkische Konkurrenzfirma gebaut, mithilfe deutscher Technik. Diese Firma gilt es auszustechen. Rheinmetall hofft, dass das eigene türkische Partnerunternehmen – die Firma BMC – „der Hauptvertragspartner“ für den Panzerbau werde. So steht es in der internen Präsentation vom Dezember 2015. BMC fehle zwar entscheidendes Know-how. Das aber könne Rheinmetall selbst liefern. Die eigene Rolle bestehe darin, „alle notwendigen technologischen Fachkenntnisse bereitzustellen“.

Die Partner aus der Türkei und Malaysia braucht Rheinmetall also nicht so sehr wegen der Technik – sondern auch aufgrund der guten Beziehungen zu Erdoğan. Das scheint der Kern des Deals zu sein. Bislang konnte man das nur vermuten. Die Unterlagen belegen es nun.

Eine der Schlüsselfiguren dieses Deals ist der Tycoon Syed Mokhtar Albukhary, ein milliardenschwerer Geschäftsmann aus Malaysia. Seit Herbst 2016 ist er mit seiner Firma Etika Strategi Teilhaber des Joint Ventures für den Panzerbau in der Türkei. In der internen Präsentation beschreibt Rheinmetall die Rolle der Malaysier unverblümt: Sie sind zuständig für die Kommunikation mit Erdoğan. Sie sollen „die Verbindung zur Regierung der Türkei“ sicherstellen und dafür sorgen, dass auf dem Vorhaben der „politische Segen“ des Präsidenten liege. Syed Mokthar ist Rheinmetalls Türöffner.

Rheinmetall-Manager Schwer wird die Rolle des malaysischen Milliardärs in einem Interview Monate später verharmlosen: Die Etika-Gruppe sei für den Düsseldorfer Konzern einfach „ein strategischer Partner in vielen Regionen“.
Über die guten Beziehungen zwischen Erdoğan und dem mehrheitlich islamischen Malaysia wird in der Türkei seit vielen Jahren spekuliert. Was auffällt: Seit Sommer 2016, rund ein halbes Jahr nach dem Abendessen in Istanbul, greift Milliardär Mokthar dem türkischen Präsidenten und dessen Familie unter die Arme. Seine islamisch orientierte Albukhary Foundation unterstützt ausgerechnet die türkische Stiftung Türgev. In deren Vorstand sitzt, welch Zufall, Bilal Erdoğan, skandalumwitterter Sohn des Präsidenten. Die Malaysier laden plötzlich wiederholt türkische Studenten zu Aufenthalten und Englischkursen ein.

Im Mai 2017 reist Bilal Erdoğan auf persönliche Einladung von Syed Mokhtar selbst nach Malaysia. Ein Journalist der Zeitung „Hürriyet“ ist dabei und schildert den Besuch in blumigen Worten. Demnach überträgt der Tycoon dem Erdoğan-Sohn und mitgereisten türkischen Experten die Leitung einer von ihm mit 200 Millionen Dollar aufgebauten Privatuniversität. Erst habe der Malaysier dafür anderswo nach Unterstützern gesucht. Doch dann habe Syed Mokhtars Mutter den Rat gegeben: „Mein Sohn, am besten überbringst du den Schlüssel der Universität dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan.“

Rheinmetall versichert, die auffällige Zuwendung zur Erdoğan-Familie habe nichts mit dem Panzerdeal zu tun. „Weder Bilal Erdoğan noch irgendeiner anderen Person“ habe man „Gegenleistungen versprochen oder in Aussicht gestellt“.

Doch die Malaysia-Connection ist anrüchig. Experten nennen das „Klimapflege“. Im Fall von Bilal Erdoğan wäre das Vorgehen zwar nicht strafbar, sagt die Kölner Korruptionsexpertin Elisa Hoven. Die deutschen Gesetze weisen bei der Verfolgung von Auslandsbestechung Lücken auf. Hoven erkennt aber einen „Trend“, bei Auslandsprojekten „mit Unternehmen aus Ländern zusammenzuarbeiten, in denen Auslandskorruption kaum oder gar nicht verfolgt wird“. Malaysia sei „dafür eine Paradebeispiel“. In solchen Ländern übernehmen „die ausländischen Unternehmen die Bestechung, und das deutsche Unternehmen behält saubere Bücher“.

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